Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Frankreich vor der Revolution. 287 
in das Leben; Ludwig sagte zwar: „Turgot und ich meinen es allein 
mit Frankreich gut“, aber die Königin, die Prinzen, der Hofadel, der 
hohe Klerus vermochten so viel über ihn, daß er im Mai 1776 die 
Entlassung des Ministeriums annahm, als auch die Parlamente gegen 
dasselbe ihre Stimme erhoben. Der Genfer Bankier Necker übernahm 
nach Turgot das Finanzministerlum und wußte durch Anlehen die Mit- 
tel zum Kriege gegen England, den der Minister des Aeußeren, Ver- 
gennes, bei dem Könige durchsetzte, leicht aufzubringen; da er aber 
gleichfalls auf Ersparungen drang und die Reorganisationen Turgots 
theilweise aufnahm, zudem einen Rechenschaftsbericht seiner Verwaltung 
veröffentlichte und dadurch den finanziellen Zustand Frankreichs bloßlegte, 
mußte auch er weichen und Frankreich verlassen (1781). Der neue 
Finanzminister de Kalonne stellte durch schlaue Künste einen augenblick- 
lichen Kredit her und schaffte Geld zu nöthigen und unnöthigen Aus- 
gaben, aber die Herrlichkeit nahm bald ein Ende und de Kalonne mußte 
dieselben Anträge wie Turgot machen. Um die Besteurung der Priol- 
legierten durchzusetzen, wurde auf den 22. Februar 1787 die Versamm- 
lung der Notabeln einberufen; sie bestand aus 144 Mitgliedern, die 
dem Adel, dem Klerus den hohen Staatsbeamten und Parlamenten an- 
gehörten, von den Städten waren sechs Abgeordnete darunter. Nun 
mußte ein Deficit von 140 Millionen eingestanden werden; darüber und 
als die Vorschläge von allgemeiner Besteurung eingebracht wurden, er- 
hob sich in der Versammlung ein solcher Sturm, daß de Kalonne sein 
Amt abgeben und aus Frankreich sliehen mußte. Sein Nachfolger wurde 
der Erzbischof von Toulouse, Lomenie de Brienne, welcher ihm in 
der Notabelnversammlung am meisten zugesetzt hatte; aber als dieser 
wei neue Steueredikte durch das Parlament einregistrieren lassen wollte, 
weigerte sich dasselbe und beharrte selbst gegen ein lit de justice auf 
seinem Widerstande, ließ sich durch die Verweisung der Hauptsprecher 
nach Troyes nicht einschüchtern, so daß der König zu einer Reform der 
Parlamente schritt, die aber nie zu Stande kam. Der Streit war aus 
dem Parlamente bereits auf die Nation übergegangen, Aufstände und 
Feuersbrünste in den Provinzen verkündeten, daß die wilden Elemente sich 
entfesselten, der drohende Staatsbankerott rückte näher, und der König 
war gezwungen, den Volksllebling Necker wieder in das Ministerium 
zu rufen. Dieser drang trotz der Gegenwehr der abermals einberufenen 
Notabeln und der wieder restitulerten Parlamente mit seinem Antrage 
auf eine allgemeine Ständeversammlung durch, und der König 
berief auf den 1. Mai 1789 300 Abgeordnete des Adels, 300 der 
Geistlichkeit und 600 des dritten Standes nach Versailles ein.
	        
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