Die gesetzgebende Versammlung. 297
waren die Oesterreicher und Preußen noch nicht gerüstet und die Jako-
biner hatten Zeit zu Pöbelhetzereien, die Girondisten zu schönen Reden
gegen den König. Da erschien endlich am 25. Juli das Manifest des
Herzogs von Braunschweig, der das gegen Paris bestimmte Heer
kommandierte. In demselben bedrohte er die Gesetzgebende, die Natio-
nalgarde und besonders die Stadt Paris, wenn dem König ferner Ge-
walt angethan würde; wenn sich jedoch die Pariser unterwürfig zeigen
würden, so wollen sich die Kaiserliche und Königliche Majestäten nach
dem Einzuge ihres Heeres bei dem Könige von Frankreich verwenden,
damit er den Verirrien verzeihe. Das war für ein stolzes Volk, wie
die Franzosen sind, zu viel; es machte sie wüthend und gab den Jako-
binern gewonnenes Spiel. Zuerst wurde die Anklage gegen Pétion und
seinen Kollegen Manuel, weil sie die Pöbelerzesse in den Tuilerien durch
Pflichtversäumniß unterstützt hatten, niedergeschlagen, das Vaterland in
Gefahr erklärt und der Abschaum des Pöbels aus den Seestädten nach
Paris gerufen und bewaffnet (in diesen Tagen begann man die Mar-
seillaise in Parls zu singen). Am 10. August brach der verabredete
Aufstand los; Danton, Kamille Desmoulins, Karra, San-
terre und Westermann führten in der Nacht ihre Haufen zuerst gegen
das Stadthaus und setzten einen jakobinischen Gemeinderath ein; dann
ging es gegen die Tuilerien, wo 900 Schweizergarden und einige Ba-
taillone Nationalgarden aufgestellt waren. Der Kommandant der Natio-
nalgarde, Mandat, wurde von dem Stadtrathe zu einer Unterredung ein-
gelaren und auf dem Wege ermordet; die Nationalgarden zerstreuten sich
hierauf in ihre Häuser. Das war den Anführern noch nicht genug vorgear-
beitet, sie kannten ihre Haufen und getrauten sich nicht zu stürmen. Also
ließen sie den König durch den Syndikus Röderer verleiten, mit seiner
Familie in den Sitzungssaal der Nationalversammlung zu fliehen. Hätte
der König in den Tuilerien ausgehalten, so wäre er den Männem der
Revolution noch immer gefährlich geblieben; denn der feige Pöbel hätte
das Schloß nicht nehmen können, die besseren Bürger von Paris aber,
die über den aufgedrungenen Gemeinderath erbittert waren und die herein-
brechende Pöbelherrschaft mehr zu fürchten hatten als das alte Regiment,
hätten sich dann jedenfalls bewaffnet und — wenigstens für den Augen-
blick — die Katastrophe zurückgehalten. So aber überließ der König
die Besatzung in den Tuilerien sich selbst und entzog der besseren Be-
völkerung den Richtungspunkt für eine Bewegung gegen die blutige Re-
volutionspartei. Er trat mit den Worten in den Sitzungssaal: vich komme
hieher, weil ich nirgends mit mehr Vertrauen weilen kann als in der
Mitte der Volksvertreter“; er wurde stumm aufgenommen und mit seiner
Familie in eine enge Seitenloge gewiesen. Bald hörte man das Krachen
des Geschützes von den Tuilerien her; kaum hatte nämlich der Pöbel die