298 Zeitalter der Revolntion.
Entfernung des Königs bemerkt, als er in das Schloß eindringen wollte;
die wackeren Schweizer aber wiesen die Rotten derb zurück, die nun
ein starkes Kanonen= und Musketenfener gegen das Schloß unterhielten.
Die Nationalversammlung gerieth über das Gefecht in gewaltige Auf-
regung, denn für die Republikaner war es ausgemachte Sache, daß der
König und das Militär immer dem Volke zu Willen sein mußten, und
wenn dieses sogenannte Volk auch nur ein Haufen Gesindels war. Der
König wurde aufgefordert, seinen Truppen das Einstellen des Feuers
zu befehlen; er sagte nicht: „ziehet eure bewaffneten Haufen aus der
Nähe des Schlosses zurück, so hört das Feuer aus dem Schlosse von
selber auf“, sondern er untersagte seinen Garden zu feuern. Kaum merkte
der Pöbel, daß die Schweizer nicht mehr schoßen, so erstürmte er das
Schloß und mordete die Schweizer; diese machten aber von ihren Waffen
zum letztenmal noch solchen Gebrauch, daß der Pöbel seinen Sieg sehr
theuer erkaufte. Nachdem das Schloß ausgemordet und ausgeplündert
und die Geräthe zertrümmert waren, mordeten die Aufrührer in den
Straßen und Häusern, so daß im ganzen über 5000 Menschen das
Leben verloren und es nicht an Köpfen für die Pilen fehlte; auch die
folgenden Tage wurden die Köpfe und zerfetzten Glieder der Gemordeten
herumgetragen. In der Gesetzgebenden aber beantragte der Girondist
Vergniaud, die königliche Gewalt zu suspendieren, den König mit
seiner Familie unter Aufsicht zu stellen, dem Prinzen einen Erzieher zu
geben und einen Nationalkonvent einzuberufen, der die künftige Verfassung
Frankreichs bestimmen solle. Der König mit seiner Familie wurde in den
Tempel gebracht, ein thurmähnliches Schloß der 1310—1314 von König
Philipp dem Schönen ermordeten Tempelritter.
Die Nationalversammlung ernannte nach der Suspension des Königs
ein neues Ministerium; dabei waren die Girondisten mit drei Mitgliedern
bedacht, unter ihnen auch Roland, dessen Welb in dem Rath der
Gironde eine bedeutende Stimme führte; der Justizminister Danton
aber, ein Bergmann, der vor keinem Gräuel zurückschreckte und durch
seine Volksberedtsamkeit großen Einfluß übte, wurde die leitende Macht,
dem der Pariser Stadtrath diente und durch die Pickenmänner die Ge-
fängnisse mit Verdächtigen füllte.
Lafayette wollte das Heer von Sedan zum Schutze des Königs
nach Paris führen, aber die beigemischten Nationalgarden verweigerten
den Gehorsam und machten auch das Linienmilitär wankend; Lafayette
entfloh (20. August), wurde jedoch von den Preußen arretiert und
brachte fünf Jahre in den Gefängnissen der Festungen Magdeburg und
Olmütz zu.
Am 19. August überschritt der Herzog von Braunschweig mit
dem preußischen Heere, dem ein Korps Oesterreicher unter Klairfait