Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

306 Zeitalter der Revolution. 
ihnen verdächtig oder mißfällig zu sein, sie raubten zugleich für sich 
selbst wie die Geier, stahlen wie die Raben und betrogen als Kemmissäre 
bei den Armeen die Soldaten um Sold und Lebensbedürfnisse. Sonst 
behaupteten die Vertheidiger der Revolution, Robespierre habe eine 
Ausnahme gemacht und seine blutigen Hände nicht nach Geld ausge- 
streckt, aber neuere Entdeckungen in dem Aktennachlasse jener Zeit haben 
den Beweis von dem Gegentheile geliefert, und wenn Robespierre nicht 
zugriff wie Danton, so hatte dies seinen Grund in der Klugheit des 
heuchlerischen Bösewichts; ebenso ist bewiesen worden, daß er die Ant- 
worten und Reden des auf den Tod angeklagten Königs im Moniteur 
fälschen ließ, was aber nicht befremdet, wenn man bedenkt, daß außer 
der Gewalt die Hauptwaffe dieser Menschen die Lüge war. Neben 
Mord und Raubsucht suchte die Wollust der Revolutionäre ihre Opfer, 
und wenn hierin unter den Herren der Partei mehr Ausnahmen vor- 
kommen, so ersetzten die Knechte das ihren Herren nicht anhängende 
Laster nur zu sehr. Zuerst hatten die Bergmänner die Rotten, welche 
sie das Volk nannten, nur gegen die Klöster geschickt und die eidweigern- 
den Priester ermorden lassen, nun stürmte dieses freie Volk auch gegen 
das Kreuz, das Zeichen der Erlösung, und gegen den Altar der ewigen 
Versöhnung der Menschheit mit Gott. Das Christenthum wurde abge- 
schafft, schlechte Pfaffen, unter ihnen zwei Bischöfe, Gobel von Paris, 
ein Pruntruter, und Brendel von Straßburg, losgelassene Mönche 
wie Eulogius Schneider, erklärten öffentlich das Christenthum für Trug 
und gaben das Signal zur Plünderung und Entweihung der Kirchen. 
In Paris und anderen Städten wurden der Vernunft Altäre errichtet 
und halbnackte Dirnen auf dieselben gestellt; wilde Tänze und Ausschwei- 
fungen waren der würdige Dienst dieser Vernunftreligion. Das Chri- 
stenthum sollte aus dem Volke herausgerissen werden; in der christlichen 
Zeitrechnung, in der Jahreseintheilung, in den Taufnamen nach den 
Heilligen, deren Andenken Tag für Tag erneuert wird, erkannten sie 
eine in das Volksleben eingedrungene christliche Wurzel; deßwegen zerr- 
ten sie auch an dieser und schufen einen republikanischen Kalen- 
der. Eine Volksmäre sagt: als Gott den Menschen nach seinem Bilde 
geschaffen hatte, wurde der Teufel sehr ärgerlich und wollte ihm einen 
Menschen nach seinem Bilde entgegenstellen. Nachdem er den Stoff ge- 
knetet und geformt, sprach er pfuat und — es grinste ihm als sein 
Ebenbild der Affe entgegen. So ungefähr nahm sich der neue Kalender 
dem christlichen gegenüber aus. Eine neue Zeitrechnung hatte die Repu- 
blik seit dem 22. September 1792, dem ersten Jahre des neuen Heils, 
und nun erhielt sie den wohldurchdachten Kalender. Das Jahr wurde 
in zwölf Monate zu dreißig Tagen eingetheilt, drei für den Herbst: 
Vendemiaire (Wein-), Brumatre (Nebel), Frimaire (Reifmonat);
	        
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