Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Bonaparte in Aegypten. 329 
meine Volk durch Gütergleichheit in Aufruhr zu bringen, durch die 
Guillotine. Die Verwaltung des Direktoriums war eine erbärmliche, 
denn die republikanischen Häupter brachten so viel bei Seite, als ihnen 
möglich war, und im Staatsschatz war immer Ebbe; auch da half 
Bonaparte durch die Millionen, welche er aus Italien nach Paris 
schicte, und Deutschland so wie die Schweiz mußten das ihrige thun. 
Bonaparte war eigentlich schon das Haupt Frankreichs, denn durch 
den Glanz seiner wunderbaren Siege hatte er das Volk bezaubert und 
die Heere an sich gefesselt; doch schien ihm die Zeit noch nicht gekom- 
men, wo er als Cäsar die Zügel des Staates in die Hand nehmen 
konnte. Sein gewaltiger Geist sann auf neue Thaten, deßwegen schlug 
er dem Direktorium eine Erpedition nach Aegypten vorz er sah mit 
prophetischem Blicke, daß das Land am Nil für Europa das Unterpfand 
der Herrschaft über die alte Welt werden müsse, seitdem in Amerika die 
Union entstand und den Erdtheil emancipierte. Am Nile wollte er die 
verlorenen Kolonieen erobern, auf diesem Brückenkopfe zweier Erbtheile 
Frankreichs Herrschaft grüunden und von da aus gegen Asien operieren, 
in dessen südlichster Halbinsel die Briten ihren goldenen Hort hüteten. 
Was Bonaparte vor 54 Jahren erkannte und wollte, ist heut zu Tage 
der Angelpunkt, um den sich die englische Politik dreht; seitdem die 
Moslemin Aegypten nicht mehr verschließen, ist es zur Brücke nach Ost- 
inkien und das Mittelmeer zur Heerstraße nach dem fernen Osten ge- 
worden; deßwegen will England um jeden Preis Aegypten erwerben 
und tritt damit in die Fußstapfen Bonapartes. 
Das Direktorium ging sehr bereitwillig auf die Vorschläge des kühnen 
Generals ein, denn es wünschte denselben aus Frankreich entfernt, da 
ressen Ueberlegenheit dem Direktorium gegenüber zu sehr an den Tag 
wat. In allen französischen Häfen wurde eifrig gerüstet, um England zu 
züchtigen wurde officiell erklärt, und die Streitkräfte in und um Toulon 
hießen der linke Flügel der Armee von England. Am 19. Mai schifte sich 
Bonaparte in Toulon mit 36,000 Mann seiner trefflichen stalienischen 
Armee ein; auf 350 Schiffen steuerten sie in das Mittelmeer hinaus, 
als der Wind vom Norden her blies und die lauernde englische Flotte 
emfernte. Erst auf der hohen See erfuhren die Soldaten das Ziel ihrer 
Fabrt; durch geschickte Wendungen täuschte Bonaparte den verfolgenden 
Armiral Nelson, der ihn in den Gewässern Siciliens aussuchte. Am 
10. Juni erschien er vor Malta, landete und forderte die Uebergabe der 
Festungswerke. Die Ordensritter waren nicht gerüstet und vollständig 
überrascht, mehr jedoch that das Einverständniß der französischen Ritter 
mit Bonaparte und die Zusicherungen von guten Pensionen. La Valetta, 
die unüberwindliche Festung, ergab sich ohne Schuß; 1200 Kanonen (in 
einigen Wallkanonen fanden sich Dohlennester), eine Masse Kriegsvorrath
	        
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