Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

354 Zeitalter der Revolution. 
von Oesterreich genannt. Also fiel auch der Name des Reiches, nach- 
dem es dem Wesen nach längst aufgehört hatte. Gewöhnlich wird der 
Rheinbund als die Zielscheibe benutzt, für die alle Steine aufgespart 
werden, welche die Historiker bei andern Anlässen aus verschiedenen 
Gründen nicht schleudern, sondern in den Taschen behalten, und wenn 
man ihn als eine Verbindung deutscher Fürsten mit dem Reichsfeinde 
schmählich sindet, so kann man dieses Gefühl nur theilen. Aber der 
Rheinbund ist weder der erste noch der schlimmste Schritt dieser Art; in 
alter Zeit wurden von einzelnen Dynasten oder Prätendenten Ungam 
und Normamnen gegen den Kaiser gerufen, gegen Konrad I. bereits die 
Franzosen, später wurden Verbindungen mit italienischen Städten und 
Fürsten eingegangen, bis von der Zeit der Reformation an Frankreich 
sich seine Unterstützung deutscher Reichsstände gegen den Kaiser mit deut- 
schen Städten und Laudschaften bezahlen käßt. Und was sollen wir von 
Bernhard von Welmar und den anderen Fürsten in schwedisch-franzö- 
sischem Dienste sagen ? was von dem Basler Frieden? Der Rheinbund 
nützte doch so viel, daß eine Menge kleiner Dynastieen und Republiken 
verschwand, die dem Reiche doch nie etwas leisten wollten oder konnten; 
ferner wurde durch den Rheinbund der militärische Geist wieder erweckt, 
denn man lernte von Napoleon fechten und kommandieren. Nachthei- 
liger als die Verbindung mit Napoleon wirkte die Vernichtung der bis- 
herigen Rechte auf den Geist der deutschen Völkerschaften; es wurde 
damals denn doch gar zu deutlich ausgesprochen, daß nur die Gewalt 
ein Recht habe und daß Verträge und Urkunden aus früherer Zeit nichts 
mehr bedeuten; die Aufhebung der Klöster und noch mehr die Art, wie 
diese geschah, die Eingriffe in das Kirchengut, die Behandlung, welche 
in einzelnen Rheinbundsstaaten die früher Reichsunmittelbaren erfuhren, 
erschütterten die Begriffe von Eigenthum und Recht, und wenn dies 
auch in jenen Zeiten nicht sogleich offenbar wurde, weil das Kriegs- 
getöse die volle Entwicklung gefährlicher Gedanken verhinderte, so pflanz- 
ten sich diese doch in den Gemüthern fort wie manches Unkraut, das 
durch seine Wurzeln weiter wuchert, ohne daß es sich auf der Oberfläche 
sogleich zeigt. Der Sturz des alten heiligen Kaiserthums durch den Sohn 
der Revolution, die Gründung eines neuen französischen Kaiserthums durch 
Kanonen und Volksabstimmungen, die Huldigungen, welche ihm von den 
Fürsten alter Häuser dargebracht wurden, die Belehnungen, die sie von 
ihm annahmen oder erbaten, beeinträchtigten den Glauben an das christ- 
liche „von Gottes Gnaden“ der Monarchen; denn Napoleon war durch 
die Franzosen zum Kaiser gemacht und diese Gunst der Franzosen hatten 
ihm seine Waffenthaten errungen; seine Gunst erhob Fürsten, wie sein 
Zorn andere vernichtete, das Recht zu herrschen wurde ohne Rücksicht 
auf Abstammung und auf bisherigen Besitz gegeben und genommen.
	        
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