Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Der preußische und russische Krieg. 357 
stiften, doch Napoleon duldete es nicht, ja er unterhandelte mit England, 
wo am 23. Januar 1806 Pitt gestorben war, und bot Georg III. 
dessen geliebtes Hannover an, das er eben an Preußen überlassen hatte. 
Solcher Hohn schien unerträglich und Preußen griff nun zum Schwerte, 
nachdem es die französische Macht auf Kosten Oesterreichs und Deutsch- 
lands zu einer Größe hatte anwachsen lassen, von der es überwältigt werden 
mußte. Es verbündete sich mit England und Rußland und nöthigte 
Sachsen zum Anschlusse; die Russen aber konnten unmögkich im Anfange 
des Krieges eintreffen und Preußen mußte es vorläufig mit Napoleon 
allein aufnehmen. Solches Selbstvertrauen hatte Friedrich der Große 
geschaffen; es war nicht erschüttert worden durch den Rückzug aus der 
Champagne und den geringen Erfolg der Feldzüge bis zum Basler Frie- 
den, weil Preußen keine Niederlage erlitten hatte und sich bewußt war 
nicht ernstlich gefochten zu haben. An hohen Worten vom großen Fritz, 
von Roßbach u. dgl. mangelte es auch nicht; die Regimenter ererzierten 
und marschierten vortrefflich in der Weise des siebenjährigen Krieges; 
die Offiziere waren schmucke, adelige Herren, die Generale hatten zum 
Theil noch unter Friedrich gedient; aber eben diese Generale waren 
altersschwach; von den Offizieren waren viele ohne Religion und Ehre, 
die Soldaten mit Stock und Spießruthen dressiert, zum Theil geworbene 
Leute und Ueberläufer. Napoleons Heersäulen gingen (1. Okt.) über den 
Nhein, die Preußen über die Saale und kamen nicht über Thüringen hinaus. 
Napoleon traf sie in einer solchen ungeschickten Aufstellung, daß er aus- 
rief: „die Preußen sind ja noch eselhafter als die Oesterreicher.“ Bei 
Saalfeld wurde ein vorgeschobenes Korps unter dem Prinzen Ludwig 
Fer dinand am 10. Oktober vernichtet; am 14. schlug Napoleon den 
einen Theil der preußischen Armee unter dem Fürsten von Hohenlohe- 
Ingelfingen bei Jena, der Marschall Davoust den andern unter 
dem Herzog von Braunschweig bei Auerstädt, wo derselbe blindge- 
schossen und tödtlich verwundet wurbe. Die Trümmer des zersprengten 
Heeres wurden nach einander gefangen, bei Prenzlow 15,000 (28. Ok..), 
bei Passewalk 6000 Mann (29. Oktober), nur Blücher schlug sich durch 
bis Lübeck, das von Bernadotte mit Sturm genommen wurde (6. No- 
vember). Die stärksten Festungen gingen mehrentheils ohne einen Schuß 
über, z. B. Erfurt mit 14,000 Mann (16. Oktober), Magdeburg mit 
22,000 Mann und 800 Kanonen (11. November), Stettin, Spandau, 
Küstrin u. s. w. Am 27. Oktober zog Napoleon in Berlin ein und 
die Beamten und vornehmen Bürger bewiesen sich in ihrer Art ebenso 
niederträchtig als die Festungskommandanten, so daß Napoleon ausge- 
tusen haben soll: „ich weiß nicht, ob ich mich freuen oder schämen soll.“ 
In Berlin nahm er den Degen des großen Friedrich, verhöhnte des- 
sen Nachfolger und die Königin Louise auf die niedrigste Weise und
	        
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