Murats Ende. Der zweite Pariser Frieden. 389
Die Franzosen haben seine Gefangenschaft ausgebeutet, um auf
England und die verbündeten Mächte zu schmähen; sie vergaßen aber,
daß Napoleon nie Wort hielt und nie Großmuth übte, so lange er
einen Gegner fürchtete. Seine Gefangenschaft war für den Frieden der
Bölker nothwendig, und die Franzosen werden vielleicht jetzt schweigen,
seitdem sie den Emir Abd el Kader trotz dessen Vertrag mit dem Ge-
neral Lamortcière so manche Jahre in Frankreich gefangen hielten und
ihn nicht eher in die Türkei entließen, als bis sie Algiers ganz sicher
zu sein glaubten.
Murats Ende.
Bevor noch Napoleon seinen letzten Gang auf dem Kriegspfede
antrat, schlug sein Schwager Murat, der im Jahre 1814 von ihm ab-
gefallen war und deßwegen, aber offenbar nur einstweilen, in Neapel als
König geduldet wurde, wieder los und proklamierte die Einheit und Un-
abhängigkeit Italiens. Er rückte im März ohne Widerstand bis an den
Po vor; aber nun trieben die Oesterreicher sein feiges Heer in sechs
Wochen durch ganz Italien hinab und ihn selbst aus dem Lande. Aber-
mals Napoleon nachahmend landete er mit einer kleinen Schaar in Ka-
labrien, wurde aber in Pizzo gefangen und am 13. Oktober erschossen.
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Einunddreißigstes Kapitel.
Der zweite Pariser Frieben (20. Nor. 1815).
Von den aufgebotenen Heeresmassen der Verbündeten zog nach der
Schlacht bei Waterloo ungefähr eine halbe Million nach Frankreich,
und die Monarchen verweilten bis nach dem Abschlusse des Friedens in
Paris (20. Nov. 1815). In demselben erhielt Frankreich die Gränzen
von 1790, mußte 700 Millionen Franks Kriegskosten bezahlen und
150,000 Mann in 17 festen Plätzen drei Jahre lang unterhalten; die
geraubten Kunstschätze kamen aus dem Musée Napoleon wieder nach
Rom, Florenz, Parma u. s. w. zurück. Durch diesen Frieden und den
Wiener Kongreß erhielt Europa die folgende Gestalt:
Belgien und Holland wurden unter Wilhelm I. von Ora-
nien zu einem Königreiche der vereinigten Niederlande umgeschaffen;
als Großherzog von Luremburg wurde der König der Niederlande
Mitglied des deutschen Bundes.
NRorwegen wurde als eigenes Königreich mit fast republikanischer
Verfassung mit Schweden verbunden (Personalunion). Dänemarks.
König wurde durch Lauenburg entschädigt und als Herzog von Hol-
stein Mitglied des deutschen Bundes.