396 Die Zeit von 1815 bis 1847.
Emigrant) wüthete in Katalonien dergestalt, daß man die Zahl der auf
seinen Befehl Hingerichteten auf 10,000 angibt. Diese Angabe ist ohne
Zwelfel übertrieben, aber es bleibt gewiß, daß Spanien 1823 und 1824
seine royalistische Schreckenszelt hatte, welche der französischen republikani-
schen von 1793—94 wenig nachgab. Die Verfolgung traf besonders die
wohlhabenden Bürger, während die königlichen Freiwilligen, eine aus
Proletariern bestehende Miliz, die Geißel des Landes waren. Das Räuber=
wesen nahm einen neuen Aufschwung und bildete sich zu einem förmlichen
Guerillaskrieg aus; daneben dauerte der Krieg in den Kolonieen fort und
1826 verheerte der Dey von Algier die spanischen Küsten, weil ihm der
Tribut nicht bezahlt werden konnte! Der König war auf seinem Throne
von den Kommuneros bedroht, wie von der absolutistischen Partei, welche
seinem Bruder Karlos mehr Festigkeit zutraute, und schon 1827 einen
Aufstand in Katalonien erregte. Das Jahr darauf zogen endlich die
letzten französischen Besatzungen ab, die Schuldforderung Frankreichs
wurde zu 3% verzinslich in das große Buch eingeschrieben. Die Finanz--
noth überstieg alle Gränzen, die Soldaten und Beamten blieben ohne
Bezahlung, Unterschleif und Schmuggel wurden auf das grasseste be-
trieben, und 1829 wurden durch eine thörichte Unternehmung auf Tampiko
in Meriko einige Millionen hinausgeworfen. Da heirathete der König
am 10. Dezember 1829 die neapolitanische Prinzessin Christine, und
diese bewog ihn (31. März 1830) das salische Gesetz aufzuheben (das
bourbonische Familienstatut, nach welchem die Krone in männlicher Linie
forterbt); in Folge dessen wurde die am 1. Oktober 1830 geborene Prin-
zessin Isabella zur Kronerbin erklärt. Don Karlos protestierte dage-
gen und seine Anhänger machten sich zum Aufstande bereit, den nur die
Erschütterungen verhinderten, welche der französischen Julirevolution folg-
ten. Die Einfälle der geflüchteten spanischen Liberalen von Frankreich aus
mißlangen jedoch, sowie auch 1831 ein Landungsversuch des Generals
Torrijos in Andalusien; die Gefangenen wurden jedesmal standrechtlich
erschossen. Ferdinands VII. Minister Kalomarde ließ den kranken König
einen Widerruf des Dekrets, durch welches er das salische Gesetz auf-
gehoben hatte, unterzeichnen; als jedoch der König wieder zum vollen
Bewußtsein kam, vernichtete er den Widerruf, bestätigte das Aufhebungs-
dekret und ernannte zugleich Christinen zur Regentin. Diese sah wohl
ein, daß sie und ihre Tochter nach dem Tode des Königs dem Don
Karlos werden weichen müssen, darum bewog sie Ferdinand VII., sein
Ministerium mit einem liberalen zu vertauschen, eine Amnestie zu er-
lassen, die alten Kortes einzuberufen und auf diese Weise die konstitutio-
nelle Partei zur Vertheidigerin der Ansprüche Isabellas zu machen.
Ferdinand VII. starb am 29. September 1833 und hinterließ Spanien
einen Bürgerkrieg.