Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Der Abfall der spanischen Kolonieen in Amerika. 399 
fich jetzt gänzlich von Spanten los. Durch das Militär und das gemeine 
Volk ließ sich hierauf Jturbide am 21. Mai 1822 als Kaiser Agostino I. der 
Große ausrufen, wodurch er die adeligen Kreolen, die einen Prinzen auf 
dem Throne sehen wollten, die Anhänger Spaniens und die Republikaner 
gleich sehr ärgerte. Iturbides Herrlichkeit dauerte auch nicht lange; 
Soldaten und Beamte wollten bezahlt sein, die Steuern hingegen nicht 
eingehen, das ausgegebene Papiergeld konnte es zu keinem Kredite bringen, 
Iturbide verlor Macht und Ansehen, und dieser amerikanische Napoleon 
kam seiner gewaltsamen Absetzung durch Abdankung zuvor (20. März 
1823). Nun erklärte sich Meriko den 4. Oktober zur Republik und gab 
sich eine der nordamerikanischen nachgebildete Verfassung, erhielt die An- 
erkennung Englands und Nordamerikas, zudem in London ein Anlehen 
von 8 Millionen Pf. Sterling. Iturbide aber, der aus seiner Verbannung, 
Napoleon abermals nachäffend, zurückkehrte und seine Adler aufpflanzte, 
wurde ohne Mühe gefangen genommen und den 19. Juli 1824 erschossen. 
Der Kongreß zu Verona, der 1822 die europäischen Aufstände ohne 
Ausnahme verurtheilte, machte Miene auch die amertkanischen durch ener- 
gische Unterstützung Spaniens niederzuschlagen, mußte sich jedoch zurück- 
halten, als England sich entschieden dagegen erklärte und der Präsident 
Monroe in Washington den Sagt aufstellte, die Union werde die Ein- 
mischung europässcher Mächte in die spanisch-amerikanische Sache nicht 
dulden. So machte sich Meriko ohne viele Anstrengung von der spani- 
schen Herrschaft los; 1825 ergab sich das Inselfort San Juan d'lllloa 
vor Verakruz, 1829 wurden 4000 Spanier, die unter General Bar- 
radas Tampiko besetzt hatten, durch ein unbedeutendes Gefecht zum Ab- 
zug genöthigt. Aber Meriko hatte mit der Freiheit sein Unglück er- 
rungen, denn es arbeltet seit dieser Zeit an seiner Zerstörung. Die 
merikanische Bevölkerung besteht nämlich 1) aus dem zahlreichen ehe- 
maligen Kreolenadel (den Nachkommen der Konquistadoren oder Eroberer 
Merikos und andern großen Grundbesitzern spanischer Abkunft); 2) dem 
Adel schließt sich eine verhältnißmäßig schwache städtische Bevölkerung an; 
denn die geborenen Spanier (22,000) wurden 1823 aus dem Lande 
vertrieben, so daß den Handel größtentheils Fremde inne haben, die sich um 
schnellen Gelderwerb, aber keineswegs um die Zukunft Merikos beküm- 
mern. Die Hauptmasse der städtischen Bevölkerung, ein müßig in den 
Tag hineinlebendes unruhiges Volk, besteht meistens aus Farbigen; 3) 
diese und die Indianer machen wenigstens / der Gesammtbevölkerung 
aus. Die Indianer wurden von der alten spanischen Regierung viel 
menschlicher behandelt als gegenwärtig von der nordamerikanischen Re- 
publik; denn sie behielten ihre Freiheit, ihren Grundbesitz, selbst ganze 
Distrikte, hatten keine Frohndienste zu leisten, lebten demnach glücklicher 
als unter der Despotie der Azteken, die jährlich Chiliaden von Men-
	        
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