Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Portugal. 405 
englischen Schutzherrschaft fügen, wenn es nicht in Spanien, von dem 
ee doch nur ein (freilich schon seit 700 Jahren) losgetrenntes Stück ist, 
aufgehen soll. Eine Militärverschwörung unter General Freyre wurde von 
Beresford mit blutiger Strenge unterdrückt, als aber 1820 der spanische 
Militäraufstand gelungen war, wirkte dies Beispiel unwiderstehlich auf Por- 
tugal. Am 24. August erhob sich die Besatzung zu Oporto, am 1. Oktober 
folgte die in Lissabon, in beiden Städten schloß sich die Bürgerschaft den 
Soldaten an, auch das Landvolk war der, wie es glaubte, gegen die Eng- 
länder gerichteten Bewegung günstig, so daß sich eine Junta aus allen Par- 
teien bilden konnte, welche den König Johann VI. (der bis zu dem Tode 
seiner wahnsinnigen Mutter Maria, 1816, Regent gewesen war) aus Bra- 
silien zurückrief, zugleich aber nach dem spanischen Vorgange allgemeine 
Kortes erwählen ließ und in Lissabon versammelte. Dieses portugiesische 
Parlament entwarf nun eine Verfassung, die noch weniger monarchisch als 
die spanische war, indem sie das Veto dem Könige gänzlich entzog. Ein- 
Mil itäraufstand in Brasilien erzwang für diese Kolonie dieselbe Verfassung 
mit der sich begreiflicher Weise der König um so weniger befreunden konnte, 
als sie offenbar zur Unabhängigkeit Brasiliens führen mußte. Er lleß sei- 
nen ältesten Sohn Dom Pedro als Prinzregenten in Brasilien zurück und 
schiffte sich gegen Ende des Jahres 1821 nach Portugal ein. Hier ahmten 
die portugiesischen Kortes den spanischen auch darin nach, daß sie Forderun- 
gen der großen amerikanischen Kolonie rund abschlugen und Dom Pedro 
zurückriefen, worauf die brasilianischen Kortes Brasilien unabhängig er- 
klärten (1. August 1822) und Dom Pedro sich am 12. Oktober zum Kaiser 
ausrufen ließ, um Brasilien wenigstens für die Dynastie Braganza zu 
retten. Der Eindruck dieser Begebenheiten verstärkte nur die Mißstimmung 
der Portugiesen gegen die Regierung der Kortes; sie wollten so wenig als 
das spanische Volk einen König, der nur den Namen, aber keine Macht 
hätte, sie wollten dem Adel nicht alle Berechtigung entziehen und noch we- 
niger den Einfluß der Geistlichkeit für immer vernichten und zu diesem 
Zwecke das Kirchengut säkularisieren. Die Kortes hatten ihren Anhang 
ausschließlich in der Bürgerschaft der wenigen größeren Städte und ihre 
Stütze in dem Heere, aber nur insofern als die meisten Offiziere, nicht die 
gemeinen Soldaten, dieser Partei angehörten. Der König selbst ertrug die 
ihm aufoktroyierte Verfassung höchst ungerne, konnte sich jedoch noch nicht 
dazu entschließen, gegen sie einen Streich zu führen, weil er (als Moderado) 
nicht abgeneigt war, eine die königliche Gewalt mehr schonende Verfassung 
(Charte) zu genehmigen. Aber die Königin Donna Karlotta, Ferdinands 
VII. Schwester, und der Infant Dom Miguel theilten diese Gesinnungen 
nicht und als das Schicksal der spanischen Kortes durch den Einmarsch der 
Franzosen 1823 besiegelt war, stürzten sie die Verfassung und jagten die 
Kortes aus Lissabon fort. Damit war jedoch für Portugal nichts gewon-
	        
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