Griechenland. 427
Rußland gelegentlich die Rollen tauschten; ist die eine Partei widerspen-
stig und will sie sich nicht zu allem gebrauchen lassen, so ist eben darum
die andere um so fügsamer. Diese Lage änderte sich auch nicht als 1835
der König die Regierung übernahm, 1837 die verhaßten ausländischen
Minister und die bayerischen Soldaten abzogen, eben so wenig als 1841
der Fanariote Maurokordato Ministerpräsident wurde und das kon-
stitutionelle Zeitalter anzubrechen schien. Eine Menge deutscher Philhel-
lenen wurden ihrer Aemter enthoben und heimgeschickt, aber die Zahl
der amtshungerigen Griechen war zu groß, als daß sie hätten befriedigt
werden können. Der König behielt das Ministerium auch nicht lange
und schlug wieder die frühere Regierungsweise ein; da brach in der
Nacht vom 14. zum 15. Sept. zu Athen ein Militäraufstand aus, den
die Gesandten der Schutzmächte gewähren ließen oder unterstützten, und
der König sah sich gezwungen, eine Nationalversammlung auf den
13. November zusammen zu rufen, die auch nach wenigen Monaten eine
Verfassung fertig hatte. Sie ist natürlich nach englischem Muster zuge-
schnitten, nur muß das griechische Staatsoberhaupt der griechischen Re-
ligion angehören, während es in England protestantisch sein muß, auch
ist der griechische Senat keine Pairie; daß vollends alle Deutsche (mit
geringer Ausnahme) mit höhnendem Undanke fortgeschickt wurden, war
selbstverständlich. Mit seinen zwei Kammern hatte Griechenland aber
nur zwei öffentliche Herde der Zwietracht gewonnen; von Parteihatzen
begrüßt und begraben folgten sich das (russische) Ministerium Metaras,
das (englische) Maurokordatos, endlich das von Koletti, der sich
auf Frankreich stützte, welche Macht sich Griechenland immer am meisten
gewogen zeigte, weil jede kleine Seemacht ein Bundesgenosse Frankreichs
gegen England ist. Dafür stiftete der englische Gesandte Lyons 1847
einen schlimmen Handel mit der Türkei an; der Gesandte derselben,
Mufuros (ein Fanarlote), verweigerte einem Adjutanten des Königs,
Karatasso (einer der Kapitani, die sich gegen die Türken ausgezeichnet
hatten), einen Paß nach Konstantinopel, und eine Aeußerung des Königs
brachte den Fanarioten auf Geheiß des Engländers in die bitterste Stim-
mung; dieselbe ging auch in das Serail über und führte zu schweren
Beschränkungen des griechischen Handels. Ein Brief des Königs an den
Sultan that keine Wirkung, der Sultan verlangte binnen zweimal 24
Stunden eine Erklärung, daß die griechische Regierung den Fall bedaure,
wozu sich der König und Kolekti nicht verstanden. Dieser starb jedoch
bald und das neue (russische) Ministerium Tsavellas gab eine Art
Entschuldigung in mildester Form; daß sie in Konstantinopel genügend
erfunden wurde, dafür sorgte daselbst der russische Gesandte. Eine an-
dere Unbedachtsamkeit der griechischen Regierung verursachte 1849 noch
größeren Schaden; zwei englische Unterthanen, ein gewisser Finlay, der