438 Die Zeit von 1815 bis 1847.
Rußlands machte, erregte in Paris viel Mißvergnügen, noch mehr aber
in London, und die Gesandten dieser Höfe verlangten von dem Sultan
mancherlei Auskunft; dieser weigerte sich jedoch jeder einläßlichen Ver-
handlung, weil er weder auf die Engländer noch auf die Franzosen ein
Vertrauen haben konnte, die ihm zuerst seine Flotte vernichtet, Griechen-
land entrissen, den Krieg mit Rußland herbeigeführt, endlich gegen Me-
hemet Ali keine Hilfe geleistet hatten. Seine Reformen setzte er uner-
müdlich fort, besonders in militärischer Beziehung; die Dardanellen
wurden durch preußische Offiziere besser befestigt, die Artillerie eingeübt,
ein ziemlich brauchbares Fußvolk organisiert und es gelang auch die Auf-
stände in Bosnien und Albanien, so wie in Kurdistan zu unterdrücken.
Seinem Vasallen Mehemet All vergab der Sultan nie und freute sich,
als gegen denselben ein Aufstand nach dem andern ausbrach und Diu-
sen, Araber, Naplusier 2c. die Kräfte Aegyptens zu verzehren drohten;
er war daher weit entfernt demselben seine neuen Forderungen, Erblich-
keit seiner Dynastie und souveräne Verwaltung zu gewähren. Als er
sich stark genug glaubte, begann er den 1. Juni 1839 den Krieg; aber
sein zahlreiches, von Hafiz Pascha, einem ehemaligen tscherkessischen Skla-
ven, angeführtes Heer wurde den 25. Juni bei Nisib (am Euphrat im
nördlichen Syrien) von Ibrahim zersprengt. Mahmud II. erlebte jedoch
die Unglückspost nicht mehr, indem er den 1. Juli 1839 der galoppie-
renden Schwindsucht erlag. Sein 16jähriger Sohn Abdul Medschid
folgte ihm als Sultan, statt seiner leiteten die Sultanin Mutter und der
alte Chosrew Pascha, Mehemet Alis Todfeind, die Geschäfte. Die Lage
wurde verzweifelt, als der Kapudan Pascha die großherrliche Flotte aus
den Dardanellen führte und Mehemet Ali übergab; es blieb kein anderes
Mittel, als die Entscheidung den europäischen Großmächten anzuvertrauen
und wirklich eröffneten Rußland, England, Oesterreich und Preußen die
Londoner Konferenzen, zu welchen sie Frankreich vergebens einlu-
den, weil dieses seinem Schützling Mehemet Ali mehr zu nützen glaubte,
wenn es eine isolierte Stellung einnahm. Da schloßen die vier Mächte den
15. Juli 1840 den Vertrag zu London, in welchem sie sich verpflich-
teten, mit allen Mitteln die Bedingungen durchzusetzen, welche der Sultan
dem Sieger Mehemet Alt stellen wurde. Sie waren günstig genug; der-
selbe sollte Aegypten als erbliches Paschalik, Syrien aber auf Lebens-
zeit erhalten, die anderen Besitzungen räumen. Er verwarf sie, indem
er sich auf Frankreich verließ, das gewaltige Rüstungen machte und
durch seine Kriegsdrohung das Londoner Protokoll zu ändern hoffte.
Doch die vier Mächte schritten ein; die englisch-österreichische Flotte nahm
im September Beirut, Saida, im Oktober alle Küstenplätze außer Akre,
das sich am 4. November nach vierstündiger Beschleßung der Flotte er-
geben mußte, die unter Napier gegen Alerandrien segelte. Gleichzeitig