Des Kaisers unglückliche Unternehmung gegen Algier. 35
hatte (1538). Karl reiste nun durch Frankreich in die Niederlande
und machte seinem Herrn Bruder Franz einen Besuch in Paris, der es
auch nicht wagte, gegen Karl unritterlich zu handeln. Karl hatte näm-
lich in den unruhigen Niederlanden zu thun, die ihm dennoch als sein
Geburtsland am liebsten waren. Er hielt die Freiheiten der Städte
gewissenhaft, bestrafte aber auch jede Unbotmäßigkeit, und als aus
Deutschland nicht nur die lutherische Lehre, sondern auch die Wieder-
täuferei eindrang, ließ er gegen deren Anhänger die ganze Strenge der
Gesetze walten und sie mit Feuer und Schwert bestrafen. Das machten
ihm die Protestanten zum bittern Vorwurfe, während doch ihr Bundes-
genosse Franz gegen die Hugenotten noch härter verfuhr und sie selbst
keinen Katholiken unter sich duldeten.
Des Kaisers unglũckliche Unternehmung gegen Algier (Dkt. und Vov. 1541).
Nach dem Verluste von Tunis trieben die Seeräuber in Algier ihr
Unwesen mit verdoppeltem Eifer, so daß der Kaiser immer mit Be-
richten von Ueberfällen und Mordthaten bestürmt wurde. Darum be-
schloß er eine Unternehmung gegen das Raubnest Algier und führte sie
auch im Herbste 1541 aus. Vergebens warnte der erfahrene Andreas
Doria vor den herbstlichen Stürmen, welche in dem Mittelmeere eben
so heftig als häufig sind, und an der buchtenlosen Küste von Algier
einer Flotte verderblich werden müssen. Der Kaiser vertraute auf sein
Glück, das ihn auch bei der Ueberfahrt und Landung begleitete. Aber
nun fiel ein entsetzliches Unwetter ein, das viele Schiffe am Strande
zerschellte und den frei lagernden Truppen außerordentliches Ungemach
bereitete. (Die Franzosen haben seit 1830 vielmal erfahren, was algie-
risches Unwetter vermag.) Das nahmen die Barbaresken als ein Zei-
cben, daß Allah auf des Propheten Bitte die Gläubigen schützen wolle,
und Karls Soldaten hörten das triumphierende Geheul der Weiber und
den Racheruf der Männer durch das Tosen des Sturmes. Ein wüthen-
der Angriff nach dem andern erfolgte von den Algierern, Mauren und
Arabern, alle aber wurden blutig zurückgeschlagen. Noch immer hoffte
Karl die Stadt mit Sturm nehmen zu können; bei einem neuen Aus-
falle führte er seine deutschen Landsknechte persönlich gegen den Feind,
und diese warfen die Moslemin auch mit solcher Kraft und verfolgten
sie so nachdrücklich, daß der Kaiser sicher glaubte, er werde mit dem
Feinde die Thore der Stadt erreichen; allein da brach das Unwetter
schrecklicher als je los und vereitelte die rasche Verfolgung und mit der-
selben die letzte Hoffnung des Kaisers. Er mußte sich zur Heimkehr
entschließen und deckte die Einschiffung des Heeres in eigener Person
an der Spitze einer Kerntruppe; der Verlust an Schiffen und Mann-
sckaft kam vdem einer verlorenen Schlacht gleich. n"4