Frankreich. 471
die Julidynastie anerkannt, sondern sich auch sehr zuvorkommend für
die Trennung Belgiens von den andern Niederlanden ausgesprochen
hatte. Der englischen Politik war die Julirevolution sehr erwünscht
gekommen, denn sie brach die hl. Allianz, welche durch das Einschreiten
der drei Mächte für Griechenland und durch den russisch-türkischen Krieg
schon erschüttert war, vollends in Stücke, und damit war für den eng-
lischen Einfluß wieder ein weites Feld gewonnen. Einen Krieg wollte
übrigens die englische Politik nicht, sie benutzte die durch die Julirevo-
lution bewirkte Isolierung Frankreichs einzig dazu, um mit dessen Hilfe
Spanien und Portugal in die frühere Abhängigkeit von England zurück-
zubringen, das Königreich der Niederlande zu zertrümmern und den öst-
lichen Mächten Schach zu bieten. So lange Louis Philipp sich in dieser
Richtung am Arme führen ließ, dauerte das „herzliche Einverständniß“
mit England ungetrübt fort, sobald er aber seinen Arm frei haben wollte,
verwandelte es sich in verbissene Feindschaft. Sein Interesse gebot ihm,
die belgische Revolution zu begünstigen, um Belgien wenigstens von
Holland loszureißen, das er als einen Vorposten der drei östlichen Groß-
mächte betrackten mußte. Er ließ deßwegen einige tausend französische
Soldaten (jedoch nicht in Uniform) über die Gränze gehen, die auch
nicht wenig zur Vereitlung des von dem niederländischen Prinzen Fried--
rich auf Brüssel unternommenen Angriffs beitrugen, schlug aber mit
Rücksicht auf England die dem Herzog von Nemours, seinem zweiten
Sohne, angebotene Würde eines belgischen Königs aus und unterstützte
bei dem belgischen Kongresse die Kandidatur des englischen Prinzen
Leopold von Sachsen-Koburg, der später sein Schwiegersohn wurde.
Im Eirnverständnisse mit England ließ er im August 1831 unter Mar-
schall Gérard eine französische Armee in Belgien einrücken, als die
belgischen Truppen vor dem holländischen Heere zerstäubt waren, und
1832 im Dezember eroberte derselbe Marschall die Citadelle von Ant-
werpen, welche General Chassé bis dahin für Holland behauptet hatte.
Es dauerte jedoch bis 1839, ehe Belgien auch von Holland anerkannt
wurde und somit ohne Widerspruch als der jüngste in der Reihe der
europäischen Staaten seinen Platz einnahm. Damit war England ge-
dient, weil das Königreich der vereinigten Niederlande zerrissen war,
und der französischen Anschauung nicht minder, indem dieselbe Belgien
nur als einen provisorischen Staat betrachtete, der bei einer definitiven
Regelung der europäischen Karte französische Farbe annehmen müsse.
Die Kontinentalmächte ließen Frankreich und England an der Maas
und Schelde gewähren, wogegen die zwei Westmächte das aufgestandene
Polen seinem Schicksale überließen. Lord Palmerston hatte mit dieser
seiner Politik in England, wo man nur die materiellen Interessen in
die Wagschale legt, sehr leichte Anfechtungen zu bestehen, die Franzosen