Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

482 Die Zeit von 1815 bis 1847. 
Generale Hauke, Trembinski, Blumer, Potocki, Saß, Nowicki getödtet 
und 30,000 Gewehre ausgetheilt. Der Großfürst verließ die Stadt 
mit der ihm treugebliebenen polnischen Mannschaft und seinen wenigen 
russischen Regimentern und stellte sich vor der mokotower Barriere auf. 
Die Aufständischen waren jetzt zwar Melster in Warschau, hatten aber 
keinen Anführer, da General Chlopicki, den das Volk stürmisch ver- 
langte, sich verborgen hielt. Da berief der Finanzminister, Fürst Lubecki, 
den Administrationsrath zusammen, verstärkte denselben durch einige po- 
puläre Notabilitäten, sprach in einer Proklamation mit Bedauern über 
das Vorgefallene und von einer Versöhnung mit dem Kriegsgouwerneur. 
Dies war natürlich weder im Sinn der Verschworenen gesprochen, noch 
gesiel es dem gemeinen Volke; der Administrationsrath mußte darum 
weiter gehen und einen erekutiven Ausschuß erwählen, in den auch 
Lelewel berufen wurde, der seinen geheimen patriotischen Klub nun in 
einen öffentlichen zur Berathung über die Angelegenheiten des Vater- 
landes verwandelte; Chlopicki wurde zum Oberbefehlshaber ernannt 
und jetzt gingen auch die bisher bei dem Großfürsten gebliebenen polni- 
schen Soldaten über (30. Nov. bis 3. Dez.). Dieser war in einer sehr 
gefährlichen Lage; Lelewel verlangte, daß man den Großfürsten gefangen 
nehmen und sogleich Lithauen angreifen solle, der erekutive Ausschuß 
jedoch schloß einen Vertrag mit dem Großfürsten, demgemäß er die 
Festungen Modlin und Zamosk den Polen überließ, dafür aber mit 
seiner Mannschaft (etwa 6000 Manny freien Abzug nach Lithauen er- 
hielt, das er am 11. Dez. erreichte. Am 3. Dez. hatte in Warschau 
der erekutive Ausschuß einer provisorischen Regierung Platz gemacht 
(die bekanntesten Namen: Czartoryskt, Ostrowski, Niemcewichz, 
Paz, Lelewel), welche auf den 18. Dez. einen Reichstag einberief. 
Am 5. Dez. aber machte sich Chlopicki, dem alles Militär anhing, zum 
Diktator, entfernte Lelewel aus der Reglerung und sprengte dessen pa- 
triotischen Klub mit Waffengewalt, der seitdem als geheimer fortdauerte. 
Lelewel war ein ächter Revolutionsmann, der eine Aussöhnung mit dem 
russischen Kaiser weder möglich glaubte oder auch nur wünschte; darum 
hatte er, wiewohl vergebens, auf die Gefangennehmung des Großfürsten 
und die Revolutionierung Lithauens durch einen Angriff mit den pol- 
nischen Truppen gedrungen; er wollte darauf, daß die provisorische Re- 
gierung gleich dem ehemaligen Nationalkonvente in der ersten französi- 
schen Revolution die ganze Nationalkraft aufbiete und das Bauernvolk 
durch Aufhebung der Leibeigenschaft gegen die russische Herrschaft ent- 
flamme. Davon wollte jedoch der Adel nichts wissen, der wohl nicht 
mit Unrecht fürchtete, das Landvolk könnte durch die Abnahme einer 
Last in Versuchung geführt werden die andern mit Gewalt abzuwerfen. 
Die polnische Revolution blieb darum eine Adels= und Soldatenrevo-
	        
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