Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

494 Die Zeit von 1815 bis 1847. 
lieren konnte; man glaubte dies durch das Eingreifen einer unsichtbaren 
Macht geschehen und es fehlte nicht viel, daß man an einen besondern 
Schutzgott der Revolution geglaubt hätte, etwa wie die Römer und 
Griechen der Eintracht und dem Frieden Tempel bauten. Als vollends 
die Revolution auch in Belgien in den besten Gang kam, ohne daß 
deutsche und russische Heere marschierten, als die Schweizerkantone ihre 
Verfassungen abschüttelten wie der Herbstwind welkes Laub, so wagte 
man endlich auch auf deutschem Boden den ersten Versuch im Revolu- 
tionieren und stürmischen Petitionieren. Im Großherzogthum Hessen 
galt es den Mauthhäufern, doch machte das Milltär dem Unwesen, das 
nur von einigen Haufen ländlicher Proletarier getrieben wurde, schnell 
ein Ende; die Bewegungen im Königreich Sachsen beschwichtigte der 
greise König Anton dadurch, daß er den Prinzen Friedrich August zum 
Mitregenten annahm und die Errichtung von Kommunalgarden gestattete. 
In Braunschwelig dagegen wurde am 6. September, nach Beendigung 
des Theaters (ähnlich wie in Brüssel nach der Aufführung der Stum- 
men von Portici), ein förmlicher Aufstand zum besten gegeben. Herzog 
Karl, der Sohn des bei Quatrebras gebliebenen Herzogs Wilhelm, 
lag mit der hannöverischen Regierung (die vor 1823 als Karls Vor- 
mund Braunschweig regiert hatte) in langjährigem bitterem Streite, der 
ziemlich öffentlich geführt wurde; er verdarb es mit dem Adel, den er 
aus der Regierung entferute, die derselbe während des Herzogs Minder= 
jährigkeit fast ausschließlich inne gehabt hatte; despotische Launen hatten 
ihm auch die höheren Bürgerklassen entfremdet, während dagegen das 
Landvolk über den Herzog nichts zu klagen wußte. In der Statt 
Braunschweig ließ sich ein Haufe Leute auftreiben, der den 6. September 
1830 mit Geschrei und Steinwürfen den aus dem Theater heimfahrenden 
Herzog begrüßte, größere Massen schloßen sich als Zuschauer an, das 
Militär stellte sich so auf, daß es dem Strudel nicht in den Weg kam, 
worauf der Herzog entfloh, ein Trupp in das Schloß drang und das- 
selbe anzündete. Karls Bruder übernahm mit Beistimmung der Agnaten 
(des Hauses Hannover) die Regierung, der deutsche Bund genehmigte 
diese Aenderung, das Herzogthum erhielt 1832 eine neue Verfassung, 
die aber wesentlich die von 1820 war, trat in den hannöverisch-olden- 
burgischen Handels-, Zoll= und Postverein und baute das verbramnte 
Residenzschloß wieder auf. Damit war das deutsche Debut im Rero- 
lutionsmachen geschlossen. 
Auch das Jahr 1831 verlief nicht ganz stille; unruhige Bewegungen 
in Hannover hatten den Rücktritt des ersten Ministers, des Grafen 
von Münster, zur Folge und die Aenderung der bisherigen Verfassung; 
in Hessen-Kassel nahm der Kurfürst seinen Sohn zum Mit- 
regenten an, entfernte sich aber aus dem Lande und legte so thatsächlich
	        
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