514 Die Zeit von 1815 bis 1847.
zählt, als das vorherrschend französische, doppelt so stark bevölkerte Nie-
derkanada; die Verwaltung wurde reorganisiert, die Begünstigung der
englischen Hochkirche beschränkt, neue Straßen angelegt, die Ausfuhr
aus Kanada begünstigt (bis 1846), aber auch neue Forts an der Unions-=
gränze und im inneren Land gebaut. Denn die Nordamerikaner haben
es offenbar auf Kanada abgesehen, und wie es heißt, gibt es eine große
geheime Verbindung (Hunters Loges), welche in diesem Sinne arbeitet.
Indessen hat seit 1840 das englische Element über das französische ein
vollständiges Uebergewicht errungen und es scheint nicht, daß die engli-
schen Gutsbesitzer in Kanada besondere Neigung hätten, ihre sichere und
geordnete Kolontalregierung unter dem Schutze der englischen Krone mit
der Anneration an das von der Sklavenfrage, Mormonen, Lokofokos
(Reibzündhölzchen, Name der am weitesten gehenden Demokraten), Know-
nothings 2c. beunruhigte Nordamerika zu vertauschen.
Daß England indessen auf sein Gebiet in Amerika nicht mehr den
gleichen Werth legt wie früher, als die Vereinigten Staaten noch eng-
lische Kolonieen waren, und dasselbe unter Umständen sich selbst über-
lassen würde, zeigte sich besonders in der Sklavenem ancipation auf
den westindischen Inseln. Im Jahr 1834 wurden die Sklaven in
den Kolonieen sämmtlich frei erklärt und deren ehemalige Besitzer mit
20. Mill. Pfd. Sterl. aus dem Staatsschatze entschädigt. Es ist sehr
zu bezweifeln, daß die englischen Staatsmänner daran glaubten, die freien
Schwarzen würden gegen Taglohn den Plantagenbesitzern dieselben Dienste
leisten, wie vordem unter der Disciplin der Peitsche als Sklaven; von
dieser Meinung mußten sie schon die freigelassenen Neger auf Kuba, in
Brasilien 2c. abbringen, die bekanntlich keine Hand rühren, so lange sie
Nahrung und nothdürftige Kleidung haben, und noch mehr der Neger-
staat Hayti, wo freilich „der Mensch nicht den Menschen ausbeutet“
wie die kommunistischen Apostel sagen, sondern alles tagdiebt und lun-
gert. Die Emancipatlon der Sklaven, die nächste Folge des Verbotes
des Sklavenhandels, darf aber auch nicht vorzugsweise als ein Ausfluß
der christlichen Humanität der Engländer angesehen werden, denn um
ihres Vortheils willen richten sie unbedenklich eine Nation zu Grunde
(ogl. Griechenland, chinesischer Krieg), sondern die letzte Ursache ist die
von ihnen erkannte Unmöglichkeit, das tropische Amerika zu beherrschen.
Die zu einer Weltmacht herangewachsene nordamerikanische Union verbiettt
England jeden Gedanken, Kuba und Portoriko wegzunehmen oder auf
Kosten Brasiliens oder einer der vielen bankerotten Republiken, die aus
dem spanischen Kolonialreiche entstanden, Gebietstheile auf dem Festlande
des tropischen Amerika zu erwerben; im Gegentheil ist der Ausspuuch
des Präsidenten Monroe (the Monroes doctrine), daß die Union keine
Einmischung Europas in amerikanische Verhältnisse dulden werde, die