544 Die Zeit von 1815—1847.
Euphratländern und Ostindien. Die Anstrengungen Englands, sich der
Herrschaft des Mittelmeeres zu versichern, beweist seit 1704 eine Reihe
von Thatsachen: die Eroberung Gibraltars (1704); die Hartnäckigkeit,
mit der Minorka von 1708—1782 festgehalten wurde; der Versuch auf
Korsika (1794—1796); die Behauptung Maltas trotz des Friedens von
Amiens und des Jorns Pauls I. von Rußland (1802); die mißglückte
Expedition nach Aegypten (1807); die Erwerbung der jonischen Inseln
im Frieden von 1815; die vergeblichen Bemühungen aus Sicilien und
Genua englische Schutzstaaten zu machen (1814); der Versuch, die un-
bewohnte neapolltanische Insel Lampedusa (zwischen Malta und der tune-
sischen Küste) mit englischen Kolonisten in aller Stille zu besetzen (1828);
endlich das Einschreiten gegen die wachsende Macht Mehemet Alis von
Aegypten durch die Schlacht von Navarin (vgl. S. 423). Frankreich war
seinerseits nach dem Frieden von 1815 nicht unthätig gewesen; unter Lud-
wig XVIII. und Karl X. wurden die Linienschiffe in Toulon gebaut, welche
bei Navarin fochten und 1830 Algier zur schnellen Ergebung zwingen
halfen; Louts Philipp wandte der Marine noch mehr Aufmerksamkeit
zu und widmete seinen dritten Sohn, den Herzog von Join ville, dem
Seedienste. Durch die Eroberung von Algier gewann Frankreich eine
breite Aufstellung auf der andern Seite des Mittelmeeres und schuf mit
ungeheuren Kosten Algier zu einem festen Kriegshafen um, so daß zwi-
schen Toulon und Algier in Kriegszeiten gegen den Willen der Fran-
zosen kein einzelnes Schiff mehr passieren könnte. Minorka mit seinem
prächtigen, festen Hafen Mahon würde in französischem Besitze die Ver-
bindung zwischen Toulon und Algier vollständig ergänzen. Wirklich legte
die französische Regierung in Port Mahon ein Kohlenmagazin an und
wollte auch Sanitätsgebäude für kranke Seeleute errichten; der damalige
Regent Espartero aber, der Schützling Englands, witterte hierin den
Anfang einer französischen Okkupation von Port Mahon. Nach Esparteros
Sturz scheint der Versuch nicht wieder erneuert worden zu sein; freilich
schien durch die spanischen Heirathen die Verbindung Spaniens mit
Frankreich fest genug geworden.
Nach der Eroberung von Algier unterwarf Frankreich den Bey von
Tunis allmählig seinem Einflusse vollständig; sein Nachbar, der Beherr-
scher des schwachen heruntergekommenen Tripoli, hatte als Unter-
stützung gegen die aufgestandene arabische Bevölkerung 4000 Türken aus
Konstantinopel erhalten, deren Befehlshaber ihm den Kopf abschlagen
ließ und sich im Namen des Sultans als Pascha von Tripoli installierte
(1835). Dieser Streich osmanischer Staatsklugheit machte auf den
Bey von Tunis einen solchen Eindruck, daß er sich willig den französi-
schen Anerbietungen fügte, als der Sultan ihn einem höhern Tribute
und seiner Gerichtsbarkeit unterwerfen wollte. Als 1836 eine türkische