558 Die Zeit von 1815 bis 1847.
wieder regten. Die glücklichsten Unternehmungen führten die Generale
Lamortcichre und Kavaignak, den gräßlichsten Schlag Pelissier aus;
ein arabischer Stamm, 3—4000 Seelen stark, hatte sich mit seinen Heer-
den in die Daharagrotte als in eine unbezwingliche Naturfestung ge-
stüchtet, die Pelissier, der zu einer Blockade nicht gerüstet war, nicht er-
stürmen konnte. Er ließ (wie Tacitus von Neros Feldherrn, Korbulo,
bei dessen armenischem Feldzuge das Gleiche erzählt) die Zugänge der
Höhle mit Holz, Gesträuch u. s. w. verstopfen, Feuer anlegen und das-
selbe zwei Tage hindurch unterhalten; als die Flamme erloschen war
und die französischen Soldaten in die Höhle eindrangen, fanden sie kein
athmendes Wesen mehr, alles war erstickt, und die zerstampften mensch-
lichen Leichen bewiesen, daß das Vieh, von dem erstickenden Qualme
geängstigt, in den mit dem Tode ringenden Menschenschwarm eingebrochen
war (18 ff. Juni 1845). Im Frühling 1846 jagte Kavaignak Abdelkadern
über die marokkanische Gränze; derselbe kam jedoch bald wieder und
predigte bei den Kabylen im Dschurdschura, einem Zweige des west-
lichen Atlas, abermals den helligen Krieg, wurde einigemal geschlagen,
wieder nach Marokko getrieben, wo er einen letzten kühnen Versuch
machte. Da Sultan Mulei ihn nicht unterstützen wollte, überhaupt
einen Gast, der die arabischen Stämme Marokkos fortzureißen drohte,
gerne nach morgenländischer Sitte beseitigt hätte (was z. B. Mehemet
Ali in Aegypten mit unübertrefflicher Virtuosität zu thun gewohnt war),
so bekriegte Abdelkader den Sultan als einen Freund der Ungläubigen
geradezu, erfocht den 14. Juni 1847 wirklich einen Sieg, fand jedoch
bei den Stämmen des inneren Landes keinen Anhang, wurde bei Fez
und Teza geschlagen und wieder an die algierische Gränze zurückgetrie-
ben. Seine meisten Leute waren getödtet, und um nicht in die Gewalt
des Sultans Murlei zu fallen, wo sein Schicksal bald entschieden ge-
wesen wäre, ergab er sich am 22. Dezember dem General Lamoricière
auf Bedingungen, welche der Herzog von Aumale als Generalgouver=
neur bestätigte. Louis Philipps Regterung hielt sich jedoch dadurch
nicht gebunden und glaubte wohl auch nicht, daß Abdelkader, wie er
es aussprach, zeitlebens in Mekka als Marabut leben würde, sondern
traute ihm viel eher ein gelegentliches Wiedererscheinen zur Predigt des
heiligen Krieges zu, weßwegen sie ihn mit seiner Familie nach Frank-
reich brachte (zuletzt wohnte er, genau überwacht, im Schlosse Ambeise,
von wo ihn Napoleon III. bald nach seiner Thronbesteigung mit
100,000 Franken Jahresgeld nach Brussa entließ). Louis Philipp
wurde dieses Triumphes nicht besonders froh, denn schon seit einiger
Zeit tosten die Windstöße, welche der Revolution wie dem Ungewitter
vorangehen, und wetterleuchtete es in allen Himmelsgegenden.