560 Die Zeit von 1815 bis 1847.
land zu einem Königreiche, aber zu einem so kleinen, daß dasselbe in
die Zukunft gar nicht eristiren kann, und aus eben diesem Grunde, so
lange es existiert, nicht ruhig sein wird, um so weniger, da jede seiner
drei Schutzmächte in demselben eine eigene Partei hegt. Bedroht Grie-
chenland die südlichen Provinzen der europäischen Türkei, so ist dieses
zerrüttete Reich im Norden vielleicht noch mehr gefährdet. Durch den
Frieden von Adrianopel wurden die Moldau und die Walachei
der Pforte eigentlich entrissen, obwohl dieselbe jährlich 6 Mill. türkische
Piaster Tribut bezieht und der von den Bojaren gewählte Hospodar
von ihr installiert wurde, jedoch erst, wenn die Wahl auch von Rußland
bestätigt war. Es darf kein Türke in einem der Fürstenthümer bleibenden
Wohnsitz nehmen, und die Donaufestungen, welche ihren großen Werth
im Kriege gegen Rußland 1828 — 29 zuletzt noch bewiesen hatten, muß-
ten von der Pforte geräumt werden und wurden von den Russen ge-
sprengt. Die Fürstenthümer hatten selbstständige Verwaltung und Rechts-
pflege, neben den Milizen reguläre Truppen, selbst Artillerie, seit 1834
eine eigene Flagge und sogar eine Art konstitutioneller Verfassung. Nach
derselben ward der Hospodar aus den Bojaren ersten Rangs durch eine
außerordentliche Versammlung erwählt, welche aus den Großbojaren, den
Abgeordneten des niederen Adels, den akademischen Korporationen und
den großen Kaufleuten bestand. Jährlich wurde ein Landtag gehalten,
der aus den Abgeordneten der Bojaren ersten und zweiten Rangs, der
kleineren Grundeigenthümer und aus der hohen Geistlichkeit zusammengesetzt
war. Die Minister waren verantwortlich, die Richter unabsetzbar; ihre
Urtheile unterlagen der Bestätigung des Fürsten. Diese Verfassung stammte
aus Petersburg und mit Recht durfte man sich fragen: was hat Rußland
mit einer solchen liberalen Einrichtung in den beiden Donaufürstenthü-
mern eigentlich stiften wollen? Wir müssen die Antwort schuldig bleiben,
Thatsache aber ist es, daß dadurch die Unabhängigkeit der Fürstenthümer
von dem Einflusse der Pforte gefördert wurde, insofern sie wohl nie mehr
einen Hospodaren durchsetzen wird, der ihr Werkzeug wäre, wie ehedem, als
derselbe seine Stelle ausschließlich ihrer Gunst verdankte. Gleichzeitig zeigte
es sich unverkennbar, daß die Fürstenthümer sich auch dem russischen Ein-
flusse entziehen möchten. Es war nach 1840 von geheimen Verbindungen
die Rede, die von einem dacischen Reiche träumen sollten, man hörte
von russischen und türkischen Warnungen an die Hospodare, 1842 endlich
wurde der Hospodar der Walachei, Alerander Demetrius Ghika, von
den beiden Schutzmächten abgesetzt, weil er nicht zu regieren verstehe und
von den Bojaren vielfach angeklagt werde. Dieser Bojarenhader dauerte
aber auch unter dem Fürsten Bibesko fort und beunruhigte ebenso den
moldauischen Fürsten Michael Stourdza, schien überhaupt die Frucht der
Konstitution von 1834 zu sein, welche endlich reif als walachische Revo-