Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Die Revolutionen und Aufstände in der europäischen Türkei. 563 
eines Knesen. Ein neuer Vertragsbruch von Seite der Türken hatte 
1815 einen neuen Aufstand der Serben und einen günstigeren Vertrag 
zur Folge, was sich alles 1817 wiederholte; Milosch wurde von den 
Bischöfen und von den Knesen (dem vornehmeren Adel) als Oberhaupt 
des Landes anerkannt, ernannte aus den Knesen die oberen Civil= und 
Militärbeamten, was sich der Pascha von Belgrad und die hohe Pforte 
gefallen lassen mußten. Bis 1821 unterhandelte er mit dieser wegen 
eines neuen Vertrags, unterdrückte 1820, 1824 und 1825 Verschwö- 
rungen und Aufstände, die von adelligen Familien ausgingen, und ob- 
gleich der griechische Aufstand den Abschluß eines Vertrags mit der Pforte 
verhinderte, so nahm Serbien doch keinen Antheil an der Schilderhebung 
Yyfilantis in den Donaufürstenthümern und hielt sich ruhig, als der 
Aufstand im eigentlichen Griechenland sich bis Makedonien verbreitete. 
Der russisch-türkische Vertrag zu Akjerman (1826 sicherte die Privi- 
legien Serbiens und machte Rußland gewissermaßen zum Garanten der- 
selben, dessenungeachtet aber blieb Milosch im Kriege von 1828/29 neu- 
tral, obwohl ihn Rußland gerne zu einer Diversion benutzt hätte, und 
die Serben vor Begterde brannten, sich an den Türken zu rächen und 
volle Unabhängigkeit zu erkämpfen. Im Frieden von Adrianopel fand 
Rußland für gut, sich Serbiens auf Kosten der Türkel anzunehmen; 
auf sein Diktat erhielt Serbien die 1813 verlorenen sechs Bezirke zu- 
rück (Krayna, Timok, Parakin, Kruschevaz, Starovlasch und den Dri- 
naischen), wurde es in legislativer und administrativer Beziehung un- 
abhängig, sein jährlicher Tribut an den Sultan auf 2,300,000 türkische 
Piaster (1-— 6 Kreuzer) und sein Kontingent auf 12,000 Mann fest- 
gesetzt, Milosch aber 1834 zum erblichen Fürsten Serbiens erklärt. So 
stand mitten in der Türkei ein beinahe vollendeter christlicher Staat da 
von mehr als 600 Quadratmeilen Größe und einer frischen, kriegerischen, 
an eine große Zukunft glaubenden Bevölkerung von mehr als einer 
Million, die überdieß in dem trotzigen Montenegro, das von den Tür- 
ken nie bezwungen wurde, in Türkisch-Kroatien, der Herzegowina und 
Bosnien christliche Stammverwandte hat, die dem serbischen Banner ge- 
gen die Osmanen folgen würden; selbst die Bosnier, die im 15. Jahrhun- 
dert den Islam annahmen, aber jetzt an dem Glücke des Halbmondes 
verzweifeln, die Osmanen ohnedies von jeher hassen, sollen schon mit 
der Rückkehr zum Christenthum und einem Bündniß mit Serbien um- 
gegangen sein. Milosch ließ sich als Fürst nicht in das Netz verstricken, 
an welchem verschiedene Hände vom schwarzen bis zum adriatischen und 
ägeischen Meere arbelteten, sein Bestreben war vielmehr darauf gerlchtet, 
seine fürstliche Gewalt zu befestigen, die Hilfsquellen Serbiens zu öffnen, 
Ordnung und Sicherheit herzustellen und sich dem drückenden Protekto- 
rate Rußlands allmählig zu entziehen. Er suchte seine Sütze in dem
	        
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