580 Die neue Revolutionsperiode.
Martinach, Entremont, St. Maurice und Monthey. Jeder dieser Zehnten
war eine selbstständige Republik, die im Großen Rathe des Kantons
vier Stimmen hatte, der Bischof von Sitten hatte ebenfalls vier, es
galt aber kein Beschluß des Großen Rathes, wenn derselbe nicht von
den Zehnten sanktioniert wurde. Die sechs („westlichen") Zehnten des
Unterwallis waren an Volkszahl den sieben („östlichen") des Ober-
wallis beträchtlich überlegen, im großen Rathe aber schwächer vertreten
(24 gegen 48 Stimmen), was zur Folge hatte, daß die wenigen Kantonal-
beamtungen in der Regel oberwallisischen Familien oder solchen unter-
wallisischen übertragen wurden, die mit jenen der gleichen politischen
Partei angehörten. Deßwegen stimmte Wallis in der Tagsatzung immer
konservativ, wie auch in dem Kanutone von 1815—40 nichts wesentlich
verändert wurde. Indessen wurden die unterwallisischen Zehnten durch
die Kantonalverfassung nicht im mindesten gehindert, wenn sie für gut
fanden, z. B. das Strombett der Rhone zu regulieren, die Sümpfe aus-
zutrocknen, den Weinreben Pfähle zu geben, statt sie wild über den
Boden hinwachsen zu lassen, sich und ihre Kinder fleißiger zu waschen,
Schulhäuser zu bauen, und wenn ihnen die höheren Lehranstalten in
Sitten oder das Jesuitenkolleg in Brieg nicht behagte, ihre Söhne in
Genf oder Lausanne, in Berlin oder Paris studieren zu lassen. Nichts-
destoweniger begann in Unterwallis bereits 1833 durch die oier unter-
sten Zehnten eine Agstation gegen die Verfassung von 1814; sie erklärten
in einer Adresse an den Staatsrath, „wir wollen niemand das Gesetz
machen, wir wollen es aber auch von niemand empfangen; wir können
nicht länger unter unsern Miteidgenossen, im Schoße der 22 Kantone,
die durch ihre Fretheit glücklich sind, eine abgesonderte, entwürdigte Kaste
bilden; nein, der Helotismus ist für uns nicht gemacht!“ In solcher
Form unterschrieben die Unterwalliser ihr Begehren, „wir wollen Reprä-
sentatlon nach der Kopfzahl und damit das Uebergewicht in dem Großen
Rathe und allen Landesbehörden". Die Agitation führte damals zu
nichts, wurde aber 1838 mit größerer Energie ausfgenommen; als der
Zehnte Sitten und theilweise auch Siders sich 1839 mit den sechs west-
lichen vereinigten, wurde ein Verfassungsrath aufgestellt, eine Verfassung
entworfen und dieselbe von Unterwallis angenommen, von Oberwallis
aber zurückgewlesen. Die Tagsatzung schickte auf das Verlangen von
Oberwallis zwei eldgenössische Repräsentanten, unter deren Auspicien eine
neue Verfassung entworfen wurde, die jedoch von Oberwallis keine
bessere Aufnahme als die frühere fand, worauf die Tagssatzung (der
6. September 1839 in Zürich hatte gewirkt) eine neue Vermittlung
beschloß, aber nicht zu Stande brachte. Ober= und Unterwallis trennten
sich thatsächlich, indem der eine Thell in Siders, der andere in Sitten
eine Regierung einsetzte; beide Theile suchten im Mittelwallis Boden zu