584 Die neue Revolutionsperiode.
gegen die Herrschaft einer Partei, die im Namen des Fortschritts die
Mehrzahl ihrer Mitbürger in Religlon, Unterricht und Sitten meistem
wollte und dabei über Meineid und Verrath schrie, wenn man ihr necht
alle Aemter in Händen ließ. Die schweizerischen Radikalen waren über
diese Nlederlage furchtbar erbittert; unleugbar hatte sich die Mebrzahl
des Volkes im Wallis gegen den Radikalismus entschieden, aber nun
wurde das souveräne Volk, dem man sonst neben dem richtigsten Ver-
stande alle guten Elgenschaften des Herzens zuschrieb, mit einemmal als
eine Bestie tituliert, die sich von einigen Schlauköpfen und egoistischen
Schurken gegen die besten Freunde hetzen und dann wieder an Scrick
und Halsband führen lasse. Auch wurde eine Verordnung des wallisi-
schen Großen Raths, die den protestantischen Ansaßen nur einen Privat-
gottesdienst gestattete, gegen den katholischen Klerus unermüdlich aus-
gebeutet; daß damals die Verfassung des Kantons Zürich ausdrücklich
die evangelische Religion als Landesreligion bezeichnete, daß in Zürich so
wenig als in Schaffhausen, Bern, Genf u. s. w. ein Katholtk Bürger
werden konnte; daß in Appenzell-Außerrhoden kein Bürger elne Katho-
likin heirathen durfte, und wenn auch alle Kinder protestantisch erzogen
würden; daß der Heidelberger Katechismus, in welchem die Katholiken
vermaledeite Abgstterer genannt werden, in Bern und andern protestan-
tischen Kantonen als Schulbuch funglerte, alles dies hatte natürlich nichts
zu bedeuten, wenn gegen römische Intoleranz gestürmt wurde. Die Er-
bitterung gegen den katholischen Klerus und besonders gegen die Jesuiten
stelgerte sich durch deren Sieg im Wallis (ihnen wurde die Nlederlage
der Radikalen am Trient Schuld gegeben) um so mehr, als bereits-.
auch in der andern Schweiz die politische Parteiung die religiöse zur
Mitwirkung herbeigezogen hatte.
Folothurn revidiert seine Versaffung (1840).
Für den Kanton Solothurn lief mit 1840 die 10jährige Periode
ab, während welcher die 1831 in das Leben getretene Verfassung sich
erproben sollte; nach Verstuß dieser Zeit mußte sie einer Revifion unter-
worfen werden, wenn der Große Rath mit absoluter Stimmenmehrheit
sich für dieselbe entschied.. Dies geschah und zwar ganz im Sinne des
Volks, weil dieses aus der Beamtenherrschaft („Herrschaft der Kapa-
citäten“ von den Herren genannt) eine Demokratie machen wollte. Es
verlangte direkte Wahlen für die Großräthe, Verminderung der Be-
amtungen und Besoldungen, namentlich weniger Regierungs= und Appel-
lationsräthe; freie Wahl der Gemeindebeamten durch die Gemeinden, freie
Gemeindeverwaltung und Beschränkung des Aufsichtsrechts der Regie-
rung; Aufhebung der Sporteln und Taren der Gerichtspräsidenten und
Oberamtmänner; Aushebung des Zwangs für die Gemeinden bei Bürger-