592 Die neue Revolutionsperiode.
weisen seien, und obwohl nur Baselland mit ihm stimmte, so war doch
schon dadurch der Beweis geliefert, daß man im radikalen Lager nur
auf die Berufung warte, um den Feldzug gegen die Bundesverfassung zu
eröffnen. In Luzern selbst entstand deßwegen ein heftiger Parteikampf,
der damit endete, daß am 24. Oktober 1844 durch Großen Raths-
beschluß die theologischen Lehrstellen in Luzern den Jefuiten übergeben
werden sollten, und derselbe wurde durch die Vetogemeinden bestätigt,
indem sich über 11,000 Staatsbürger für und ungefähr 8000 gegen die
Berufung aussprachen. Es war also, wie die Vergleichung dieser Ziffern
mit den oben bei der Revisionsfrage angegebenen beweist, im Kanton
selbst eine Zersetzung der Parteien vorgegangen, deren Gegensatz um so
bitterer wurde, als derselbe eine religiöse Färbung hatte. Den Gegnern
der Jesuiten schloß sich begreiflich das ganze radikale Element an und
dieses griff zu der Revolution als dem Mittel, das sich in letzter Zeit
so oft erprobt hatte. In der Stadt Luzern selbst wollte diese Partei
in der Nacht vom 7./8. Dez. 1844 die Regierung und andere Häupter
der Jesuitenpartei beseitigen, während gleichzeitig ein Zuzug von Ge-
sinnungsgenossen aus anderen Gegenden des Kantons, durch Berner und
Aargauer verstärkt, eintreffen sollte, um der neu eingesetzten Reglerung
die nöthige bewaffnete Macht zu geben und nach aargauischer Weise
mit Leus Gesinnungsgenossen zu verfahren. Indessen brachten die Ver-
schworenen in der Stadt, obwohl sie dem Weine wacker zugesprochen
hatten, wenig Muth auf die Straße; sie begegneten einer Patrouille,
welche im Schrecken die Gewehre losbrannte und davonlief, was aber
auch die Verschworenen thaten, weil sie jene Schüsse als sicheres Zeschen
ansahen, daß ihr Vorhaben verrathen sei. Sie flüchteten aus der Stadt
der Emmenbrücke zu, wo ein etwa 900 Mann starker Freischaarenzug,
bei dem sich der aargauische Regierungsrath Waller befand, eingetroffen
war und mit einem Milizbatalllon, das diesen wichtigen Paß abschließen
sollte, eine Salve gewechselt hatte. Die flüchtigen Verschworenen ver-
kündeten, daß alles verloren sei, und nun zerstreuten sich auch die Frei-
schaaren, während die Regierung zu Luzern wehrlos und in Todes-
angst bis nachmittags um 3 Uhr da saß, wo endlich die von ihr aufge-
botenen Mannschaften einrückten. Die Regierungspartel feierte ihren Sieg
durch Dankfeste und Stiftung von Jahreszeiten, benutzte ihn aber zugleich
um die Gegenpartei zu vernichten. Sie traf massenhafte Einstellungen
im Aktivbürgerrechte, füllte die Gefängnisse, legte ihre Hand auf das
Vermögen der Schuldigen und jagte darurch die „Schwarzen“ (tie
Gegner der Jesuiten) in solchen Schrecken, daß über 1200 sich aus dem
Kanton flüchteten. Diese Flüchtlinge trugen namentlich dazu bei, daß
die Stimmung in den meisten Kantonen gegen Luzern und die Jesuiten
eine so gereizte wurde, daß sich schon damals alles befürchten ließ.