Der sogenannte Sonderbundskrieg. 597
Bourgeoisie der Stadt am 8. Okt. in einem wenig emsthaften Gefechte
gesiegt hatten. James Fazy, ein junger Mann, der die Julirevolution
in Paris mitgemacht hatte, errichtete eine durch und durch demokrattsche
Republik und gab auch den Katholiken in der Stadt Genf unbeschränkte
Religionsübung, so daß Genf seitdem aufgehört hat, die Stadt Kaloins
zu sein. Damit gewann er das katholische Landvolk (in den 1815 von
Sardinien abgetretenen Theilen) für seine Umwälzung, dessen Leiter die
Gleichberechtigung der katholischen Kirche in Genf höher anschlugen als
den dadurch den Radikalen zufallenden Gewinn einer weltern Stimme
in der Tagsatzung für das Bündniß, das gegen Luzern und die sechs
mit ihm verbundenen Kantone im Werke begriffen war. Die Mehrheit
für die Tagsatzung des Jahres 1847 entschied der Kanton St. Gallen,
und im Sommer erging an Luzern die doppelte Aufforderung, daß es
die Jesulten entlasse und sein Bündniß mit den oben genannten sechs
Kantonen auflöse. Luzern und seine Verbündeten, „der Sonderbund“,
verweigerten beides und hatten dazu alles Recht; sofort aber wurde
die Schweiz mit dem Getöse der Rüstungen für den Bürgerkrieg erfüllt.
Von den auswärtigen Mächten gaben sich Frankreich und Oesterreich
ernstlich Mühe den Ausbruch zu verhindern, aber keine der beiden Mächte
unterstützte die Sprache der Gesandten dadurch, daß sie ein Korps an
die Gränze marschieren ließ und in klaren Worten mit bewaffneter In-
tervention drohte; daher kümmerte sich die radikale Schweiz um deren
Worte nichts und verhöhnte besonders den französischen Gesandten Bois
le Komte durch die Presse, die dessen Namen als „Holzgrafen“ über-
setzte. Lord Palmerston, der englische Minister des Auswärtigen, er-
muthigte die Kantone der Tagsatzungsmehrheit zum energischen Handeln
und verhinderte durch seine Einsprachen das französische Kabinet an
ernsthaften Schritten, so daß dieses den Sonderbund dringend ermahnte,
sich ja nur in geharnischter Defensive zu halten, indem dann gewiß auch
kein Angriff gegen ihn gewagt würde. Aber die öffentliche Meinung in
Frankreich sprach sich bereits entschieden gegen den Sonderbund und die
Jesutten aus; die Vorzeichen einer Revolution in Frankreich zeigten sich
immer häufiger; Sardinien hatte bereits seine frühere Rolle gewechselt;
die ttalienische Revolution war im Anzuge; selbst Deutschland gab das
Schauspiel wiederholter Unruhen und seine öffentlichen Stimmen waren
fast ausschließlich gegen den Sonderbund gerichtet, den Professor Kortüm
in Heidelberg in einer eigenen Broschüre als ein Glied des großen
Bundes bezeichnete, den die Kabinete gegen die bürgerliche Freiheit der
europälschen Nationen geschlossen hätten. Die Tagsatzungsmehrheit ihrer-
seits nahm gegenüber der öffentlichen Meinung in Europa und in der
Schweiz selbst eine sehr günstige Stellung ein; nichts werde gegen die
katholische Religion und gegen die Rechte der Katholiken unternommen,