Karl V. Abdankung und Tod. 51
find ihm ungünstig, weil er die Fürsten ihres Glaubens bekämpfte; sie
haben am wenigsten Ursache dazu. Noch nie ist etwas so Gefährliches
gegen die Kirche geschehen, als da Karl (in bester Absicht) ihnen die
Priesterehe, den Laienkelch und die Gnadenwahl, wenn auch in gemil-
derter Fassung, zugab und seine kaiserliche Versicherung einlegte, daß
ihnen dieses alles auch durch das Koncil nicht entzogen werden sollte.
Hätten sie es angenommen und sich in weniger bedeutenden Dingen den
Katholiken genähert, so wäre dadurch das Koncil gehemmt und anderer-
seits auf das katholische Volk in Deutschland in einer Weise gewirkt
worden, daß eine religtöse Ungewißheit und Mischung entstehen mußte,
welche nur der Kirche zum Nachthell gereicht hätte. Die Protestanten
haben sich deßwegen wahrlich über Karls Intoleranz nicht zu beschweren,
vielmehr müssen ihn die Katholiken ob solcher Eingriffe in das Recht
der Kirche tadeln, wiewohl darüber kein Zweifel ist, daß Karl ein auf-
richtiger Katholik war, der Kirche getreu in Gesinnung und Wort. Er
wollte die große Spaltung der Christenheit und Deutschlands heben,
daraus erklärt sich seine große Nachgibigkeit gegen die deutschen Prote-
stanten, die ihm so übel gelohnt wurde.
Karl habe eine Universalmonarchie gründen wollen, ist ein anderer
Vorwurf; er beherrschte Spanien mit dessen ungeheuren Kolonieen in
beiden Indien, er war Herr von Neapel, Mailand, Burgund, Oesterreich
und König von Deutschland. Die Kolonieen begründeten kein gefähr-
liches Uebergewicht, wie die Folgezeit bewies, sie entzogen dem Mutter-
lande im Gegentheile eine große Anzahl Menschen und waren nur in-
sofern von Bedeutung, als sie Karlu viele edle Metalle lieferten; daß
dieses aber nicht im Uebermaße geschah, beweist der Umstand, daß der
Kaiser so oft in Geldnoth war. Spanien war von Deutschland zu weit
entlegen, als daß es je mit ihm zu einem Reiche zusammenwachsen konnte,
und gewährte Karln auch kein solches Einkommen, daß es ihm die Hal-
tung eines stehenden Heeres möglich gemacht hätte. Burgund war reich,
aber seine Stände und Städte hatten Freiheiten wie kein anderes Land
und duldeten keine unumschränkte Herrschaft, keine Verschmelzung mit
einem andern Staate. Und vollends Deutschland! — Wenn auch der
Kaiser die Fürstenmacht so gebeugt hätte, daß ihre Inhaber wieder auf
ihr ursprüngliches Recht zurückgeführt worden wären, so hätte er doch
nie daran denken können, in Deutschland mit unumschränkter Gewalt zu
regieren; so lange die verschiedenen Reichsstände mit den alten Rechten
bestanden und der Kaiser sie hören mußte, so lange namentlich die deutsche
Kirche nicht unterjocht war, konnte der Kaiser auch niemals über die
Kräfte Deutschlands nach seinem Guwünken verfügen. Zu einer Uni-
versalmonarchie ist die unumschränkte Gewalt des Fürsten die unum-
gänglich nothwendige Bedingung; so lange Länder, Landschaften, Städte