Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

Karl V. Abdankung und Tod. 51 
find ihm ungünstig, weil er die Fürsten ihres Glaubens bekämpfte; sie 
haben am wenigsten Ursache dazu. Noch nie ist etwas so Gefährliches 
gegen die Kirche geschehen, als da Karl (in bester Absicht) ihnen die 
Priesterehe, den Laienkelch und die Gnadenwahl, wenn auch in gemil- 
derter Fassung, zugab und seine kaiserliche Versicherung einlegte, daß 
ihnen dieses alles auch durch das Koncil nicht entzogen werden sollte. 
Hätten sie es angenommen und sich in weniger bedeutenden Dingen den 
Katholiken genähert, so wäre dadurch das Koncil gehemmt und anderer- 
seits auf das katholische Volk in Deutschland in einer Weise gewirkt 
worden, daß eine religtöse Ungewißheit und Mischung entstehen mußte, 
welche nur der Kirche zum Nachthell gereicht hätte. Die Protestanten 
haben sich deßwegen wahrlich über Karls Intoleranz nicht zu beschweren, 
vielmehr müssen ihn die Katholiken ob solcher Eingriffe in das Recht 
der Kirche tadeln, wiewohl darüber kein Zweifel ist, daß Karl ein auf- 
richtiger Katholik war, der Kirche getreu in Gesinnung und Wort. Er 
wollte die große Spaltung der Christenheit und Deutschlands heben, 
daraus erklärt sich seine große Nachgibigkeit gegen die deutschen Prote- 
stanten, die ihm so übel gelohnt wurde. 
Karl habe eine Universalmonarchie gründen wollen, ist ein anderer 
Vorwurf; er beherrschte Spanien mit dessen ungeheuren Kolonieen in 
beiden Indien, er war Herr von Neapel, Mailand, Burgund, Oesterreich 
und König von Deutschland. Die Kolonieen begründeten kein gefähr- 
liches Uebergewicht, wie die Folgezeit bewies, sie entzogen dem Mutter- 
lande im Gegentheile eine große Anzahl Menschen und waren nur in- 
sofern von Bedeutung, als sie Karlu viele edle Metalle lieferten; daß 
dieses aber nicht im Uebermaße geschah, beweist der Umstand, daß der 
Kaiser so oft in Geldnoth war. Spanien war von Deutschland zu weit 
entlegen, als daß es je mit ihm zu einem Reiche zusammenwachsen konnte, 
und gewährte Karln auch kein solches Einkommen, daß es ihm die Hal- 
tung eines stehenden Heeres möglich gemacht hätte. Burgund war reich, 
aber seine Stände und Städte hatten Freiheiten wie kein anderes Land 
und duldeten keine unumschränkte Herrschaft, keine Verschmelzung mit 
einem andern Staate. Und vollends Deutschland! — Wenn auch der 
Kaiser die Fürstenmacht so gebeugt hätte, daß ihre Inhaber wieder auf 
ihr ursprüngliches Recht zurückgeführt worden wären, so hätte er doch 
nie daran denken können, in Deutschland mit unumschränkter Gewalt zu 
regieren; so lange die verschiedenen Reichsstände mit den alten Rechten 
bestanden und der Kaiser sie hören mußte, so lange namentlich die deutsche 
Kirche nicht unterjocht war, konnte der Kaiser auch niemals über die 
Kräfte Deutschlands nach seinem Guwünken verfügen. Zu einer Uni- 
versalmonarchie ist die unumschränkte Gewalt des Fürsten die unum- 
gänglich nothwendige Bedingung; so lange Länder, Landschaften, Städte
	        
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