Das Vorparlament. Der Fünfzigerausschuß. Das deutsche Parlament 2c. 627
sie hoben ihre Häupter empor, als Pius IX. der unumschränkten Herr-
schaft freiwillig entsagte und die Gährung in Itallen einen baldigen
Ausbruch gegen Oesterreich versprach; als endlich vollends Louis Phi-
lipp, der als Schild gegen die Revolution gegolten, auf eine fast un-
begreifliche Weise seinen Posten verließ oder verlor: da war auch in den
deutschen Klein= und Mittelstaaten jeder Halt für das bisherige System
verloren. Rasch nacheinander erklärten die Regierungen von Baden,
Württemberg, Bayern, beiden Hessen, Hannover, Sachsen 2c. bis zu
den Reußschen Fürstenthümern herunter das Programm der alten libe-
ralen Opposition zu dem ihrigen, setzten Ministerien aus Männern die-
ser Partei ein, gaben Preffreiheit, versprachen Reformen in allen Zwei-
gen des Staatslebens, gewährten überhaupt alles, was man später un-
ter dem Titel Märzerrungenschaften begriff. Der Bundestag
selbst wandte sich den 1. März mit einer Erklärung an das deutsche
Volk und ermahnte dasselbe treu zu seinen Fürsten zu stehen, verord-
nete, daß Notable aus der deutschen Nation als Vertrauensmänner
nach Frankfurt gesendet würden zur Entwerfung einer Bundesverfassung,
die nach erhaltener Billigung von Seite des Bundestags einer Natio-
nalversammlung vorzulegen wäre, um so durch das Zusammenwirken
von Regierungen und Völkern eine Verfassung für den deutschen Bund
zu schaffen, erklärte selbst die ehedem so hochverpönten drei Farben
(schwarz, roth, gold) als Nationalfarben.
Das Vorparlament. Der Tünsigerausschuß. Vas deutsche Parlament. Der BReichs-
verweser. Die Grundrechte.
Leider sollte es nicht auf diesem Wege gehen, auf welchem das
für Deutschland einzig Mögliche, eine engere Föderation, herzustellen
gewesen wäre, eine Reform des Bundes, der den wirklichen Uebelstän-
den Deutschlands (ogl. S. 459 ff.) abgeholfen hätte, man stellte sich
den Monarchen gegenüber oder setzte sich vielmehr über sie hinweg und
so kam es statt zur Einigung zum Kampfe.
Zu Heidelberg trafen 51 Männer zusammen, welche den ver-
schiedenen deutschen Kammern angehörten und dieselben erließen am
5. März eine öffentliche Einladung an Kammermitglieder und sonstige
deutsche Notabilitäten nach Frankfurt am Main, um daselbst eine
Volksvertretung bei dem Bundestage anzubahnen. Es fanden sich am
31. März 500 Männer aus allen Gauen Deutschlands in der Pauls-
kirche ein, besonders aus den Rheinlanden, Schwaben und Franken,
und hier stellten sich die Republikaner schon so keck und zahlreich ein,
daß Gagern, Welcker u. a. ihre abwesenden Gesinnungsgenossen herbei-
rufen mußten, wenn sie die Republikaner nicht in einer zu sehr impo-
nierenden Minderheit sehen wollten. Der Hauptsprecher dieser Partei
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