Der 13. März zu Wien und sein Gefolge 2c. 633
serstaates zu bleiben, im Jahr 1848 deutlich hervor, und zum Unglücke
starb gerade zu dieser Zeit (13. Januar) der Erzherzog-Palatinus Jo-
seph, den sein Sohn und Nachfolger Stephan unmöglich ersetzen konnte.
An der Spitze der Agitation sowie der ständischen Opposition stand schon
1847 Ludwig Kossfuth, der besonders durch die Protektion des Gra-
fenn Ludwig Batthyani emporgekommen war und bei wenigen Kennt-
nissen die Gabe der Beredtsamkeit und der Agitatlon im höchsten Grade
besaß. Die Opposition war bereits an der äußersten Gränze angekom-
men und es fanden zu Pesth und anderwärts Demonstrationen statt,
wie solche ziemlich regelmäßig den Revolutionen vorangehen, als im
Februar 1848 die Nachrichten von den Scenen in Mailand, Pavia und
Padua, zuletzt von dem Sturze Louis Philipps und der Errichtung einer
französischen Republik einliefen. Das war Oel in das Feuer und Kossuths
Reden wurden jetzt ungeschminkte Revolutionsreden, die ihren Weg auch
nach Wien fanden und dort geschäftig verbreitet wurden. In der Kaiser-
stadt tagten gerade die niederösterreichischen Stände in der hergebrachten
Weise, und dies gab zunächst Veranlassung, daß sich eine Anzahl meistens
jüngerer Männer, die der Universität, dem juridisch-politischen Leseverein,
d. h. dem wissenschaftlich gebildeten Mittelstande angehörten, zur Ein-
reichung einer Petition vereinigten, in welcher sie eine konstitutionelle
Verfassung und den Anschluß an das deutsche Volksparlament verlangten,
welches damals das Losungswort des deutschen Liberalismus war (13.
März). Die Antwort der Regierung lautete weder abschlägig noch ge-
während, sondern aufschiebend, und am Abende bildete sich ein Auflauf
von Studenten und Arbeitern, in welchem nicht nur die konstitutionellen
Schlagwörter erschollen, sondern auch die Entfernung des Fürsten Met-
ternich und der Jesuiten stürmisch verlangt wurde. Vor der Staats-
kanzlei wurde eine ausgerückte Militärabtheilung insultiert, worauf sie
Feuer gab und dadurch den Haufen auseinandersprengte. Der Tumult
verbreitete sich aber in andere Theile der Stadt, Deputationen aller Art
bestürmten den Kaiser, er ließ das Militär abziehen und gewährte am
15. Preßfreiheit, Volksbewaffnung und freies Vereinsrecht, was auch
sogleich im vollsten Umfange benutzt wurde. Fürst Metternich, der in
den schwierigsten Zeiten der Monarchie unschätzbare Dienste als Staats-
mann geleistet hatte, mußte flüchten; das neue Ministerium aber konnte
schon deßwegen einen geordneten Gang der Regierung nicht wieder her-
stellen, weil fast alle größeren Städte in unruhiger Schwankung begriffen
waren. Nun stellte auch die ungarische Opposition ihre Forderungen:
Selbstständigkeit Ungarns mit Personalunion, eigenes Ministerium, und
erhielt sie gewährt, so daß Ungarn unter andern einen eigenen Kriegs-
und Finanzminister erhielt, also die Einheit und Heeresmacht des Kaiser-
thums zerrissen, der Staatshaushalt geschieden wurde. Wie hätte die