638 Die neue Revolutionsperiode.
das Kriegsgericht unerreichbar geglaubt und in diesem kecken Vertrauen
seinen Sitz in der Paulskirche mit der Revolutionierung Wiens und
einem Platz an der Barrikade vertauscht hatte. Die Nationalgarde
wurde aufgelöst, der Belagerungszustand eingeführt und durch das
Standrecht jedem Versuche gegen die Ordnung die schnelle Strafe in
Aussicht gestellt.
Der Kaiser hatte den Reichstag am 22. Oktober vertagt und auf
den 15. November nach Kremsier in Mähren verlegt, wo derselbe am
22. eröffnet wurde; am 21. ernannte er ein neues Ministerium, an
dessen Spitze er den Fürsten Felir von Schwarzenberg stellte (starb
leider 5. April 1852), und am 2. Dezember legte er die Krone nieder;
auch der Erzherzog Franz Karl verzlchtete auf die Nachfolge und so
bestieg dessen 18jähriger Sohn Franz Josefl. den Thron. Der junge
Kaiser hatte eine schwere Aufgabe übernommen: die Neugestaltung der
Staatsformen (denn die Revolution hatte die alten zerbrochen) und die
Wiederherstellung des Friedens, der über innere und auswärtige Feinde
zu erringen war. Der Reichstag zu Pesth anerkannte den Kaiser Franz
Josef 1. nicht und ließ unter dem Volke unter vielen andern Lügen
auch die verbreiten, Kaiser Ferdinand I. sei von der Regierung durch
eine Faktion verdrängt worden; damit wollte Kossuth das Volk glau-
ben machen, es werde nicht zu einem Revolutionskriege, sondern zur
Vertheidigung seines legitimen Herrschers zu den Waffen gerufen.
Erst am 15. Dezember war der Fürst Windischgrätz im Stande,
den ungarischen Feldzug zu eröffnen; über Preßburg und Raab (27.
Dez.) rückte er nach den siegreichen Gefechten bei Babolna und Moor
auf Pesth los, das er den 5. Januar 1849 besetzte. Der Reichstag
war bei Zeiten nach Debreczin ausgewandert, das ungarische Heer
aber nahm hinter der Theiß Stellung und verstärkte sich täglich durch
neuorganisierte Honvedbataillone und Husarenregimenter.
Die Märzrevolution in Verlin; die konstituierende Nationalversammlung für Preußen.
Winisterium Prandenburg - Manteussel (2. November); Wrangels Einmarsch in
Verlin (10. Uov.).
Im Januar 1848 waren in Berlin die Ausschüsse der Provinzial-
landtage versammelt, das Publikum schenkte ihnen jedoch wenig Auf-
merksamkeit; als aber die Resormbewegung in Frankreich immer mehr an-
schwoll, und als sie zuletzt in die Februarrevolution umschlug, schwankte
auch die Staatsordnung in Preußen, wie wenn die Pariser Explosion
keine auswärtige gewesen wäre. Am 5. März verabschiedeten sich die
Ausschüsse, der König bewilligte noch die Periodicität des vereinigten
Landtags, und die Ausschüsse baten um dessen schleunige Einberufung,
wenn etwa Gefahren drohen sollten.