Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

656 Die neue Revolutionsperiode. 
Breslau, Krefeld, Elberfeld, Düsseldorf, Hagen, Solingen, Iserlohn; 
überall wurde das Militär leicht Meister, denn die Revolutionäre waren 
nirgends zahlreich, in den westlichen Städten wandernde Haufen, die 
das Militär von einem Ort zum andern trieb. 
Bedeutender war der Aufstand, der am 2. Mal in der bayerischen 
Rheinpfalz, also gleichzeitig mit dem zu Dresden ausbrach. Die 
Rheinpfalz war seit 1830 ein Schauplatz der Agitation, wozu der Um- 
stand, daß diese Provinz mit dem Hauptlande nicht unmittelbar zusam- 
menhängt, unzweifelhaft vieles beitrug, obwohl die materiellen Nachtheile 
durch Bayerns Anschluß an den Zollverein beträchtlich gemildert waren. 
Hier gelang es den revolutionären Agitatoren nicht allein einen Theil 
des Volkes zu verführen, sondern auch das Militär so zu verderben, 
daß es seine Schuldigkeit nicht that, auseinander lief und selbst theilweise 
in die Reihen der Revolutionäre übertrat; mit Mühe wurde Landau 
durch die Offiziere und wenige pflichtgetreue Mannschaft gehalten. Der 
offene Aufstand erfolgte am 8. Mai, und am 11. ereignete sich in der 
Bundesfestung Rastatt ein in der deutschen Geschichte noch nie vorge- 
kommener Fall: das badische Militär empörte sich gegen seine Offiziere, 
vertrieb dieselben, überließ sich einer vollständigen Zügellofigkeit und 
dieses Beispiel wurde von allen Garnisonen nachgeahmt, auch von dem 
größten Theile der Karlsruher (am 14.), weßwegen der Großherzog sich 
über den Rhein flüchtete. Anfangs war die Reichsverfassung das Losungs- 
wort, es bildete sich aber am 1. Juni eine provisorische Regierung (der 
Advokat Brentano;z Gögg, ein junger, eitler Beamter im Finanzfache; 
Fickler, bankerotter Kaufmann, dann Journalist, roh, aber entschlossen 
und ein Demagoge von hartem Korn; Peter, der höheren Beamten- 
sphäre angehörig, der als Regierungsdirektor in Konstanz schon beim Hecker- 
zuge seinen Herrn verleugnete; Sigel, ehemals Lieutenant), welche unver- 
hüllt die republikanische Farbe aushängte. Die Vereine, welche sich seit 
1848 unter den Augen der großherzoglichen Regierung netzartig über das 
Land verbreitet hatten, deren Zweck der oberste Leiter Brentano auch niemals 
verhehlte, bewirkten, daß die provisorische Regierung überall (einige Dörfer 
ausgenommen) Gehorsam fand; der Uebergang von der legitimen Regie- 
rung zur revolutionären war um so leichter, als fast alle großherzoglichen 
Beamten der letztern ihre Dienste keineswegs verweigerten. Die wenigen 
württembergischen Truppen, die auf Befehl der Reichsregierung in Ba- 
den standen, waren nicht im besten disciplinären Zustande und wurden 
von General Miller über die Gränze geführt, so daß die neue republi- 
kanische Musterwirthschaft mit großer Effektmacherei betrieben werden 
konnte. Die waltenden „Bürger“ hofften auf eine Empörung in Hessen 
und Württemberg, aber vergeblich; sie provocierten die Hilfe Frankreichs 
ohne Erfolg, rüsteten sich jedoch zum Kampfe und beriefen Mieros-
	        
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