Revolutionen und Revolutionsversuche. 657
lawski, den posen'schen Revolutionär, als Obergeneral, da Sigel mit
der „Neckararmee“ an dem hessendarmstädtischen Korps, als er dasselbe
zum Fraternisieren bewegen wollte, abgeprallt war; denn die Hessen
schickten Kanonenkugeln als Gruß entgegen und die Reckararmee retirterte.
Ein preußisches Heer unter dem Prinzen von Preußen marschierte
endlich am 12. Juni in die Pfalz ein, jagte die „Volkswehr“ ausein-
ander und einen Theil unter Willich über den Rhein nach Baden,
setzte über diesen Strom bei Germersheim, während sog. Reichstruppen
unter dem General Peucker (Hessen, Nassauer, Mecklenburger, einige
Bataillone Bayern und Württemberger) auf der Neckarlinte angriffen
und um Mitte Juni bei Großsachsen, Käferthal und Ladenburg scharfe
Gefechte lieferten. Bei Waghäusel (21. Juni) mußten die Aufstän-
dischen vor dem Prinzen von Preußen weichen; die Murglinie, durch
Rastatt und den Schwarzwald eine sehr starke Stellung, wurde auf
württembergischem Gebiete umgangen, und nach den Gefechten bei
Gernsbach, Kuppenheim und Steinmauern (30. Juni) zogen
sich dle republikanischen Schaaren in schnellen Märschen den Rhein auf-
wärts und erreichten die schweizerische Gränze bei Rheinfelden, ein an-
derer Theil nach einem von Sigel geschickt geleiteten Seitenmarsch über
Donaueschingen unterhalb Schaffhausen, wo sie über den Rhein gingen.
Viele kehrten später wieder in ihre Heimat zurück und erhielten von
ihrem großmüthigen Fürsten Verzeihung, andere, die sich als Verführer
hatten brauchen lassen, vervollständigten die Fremdenlegion in Algier,
die Schweizertruppen in Neapel, oder suchten sonst ein Unterkommen in
der weiten Welt, die provisorische Regierung aber und ihr Generalstab
von Civil= und Militärkommissären flohen in die Schweiz oder nach
Frankreich, später nach Nordamerika, wo die meisten jetzt Bier fabri-
cieren oder ausschenken. Rastatt ergab sich am 23. Juli; das Stand-
recht traf manchen Gefangenen mit der Todesstrafe, die eigentlichen
Urheber der Revolution aber hatten sich zur rechten Zeit fortgemacht,
der rheinpfälzische „Oberst Blenker“ u. a. durch räuberischen Griff
(3. B. in dem großherzoglichen Schlosse Eberstein und in dem fürsten-
bergischen zu Donaueschingen) für ihre Zukunft gesorgt. Brentano war
schon fortgegangen, als die konstituierende Landesversammlung noch in
Karlsruhe saß, und verabschledete sich von Feuerthalen (bei Schaffhausen)
aus durch ein offenes Schreiben, welches, wenn wir den Inhalt kurz
zusammenfassen, besagte, er bereue, was er gethan; er habe sich in den
Leuten bitter getäuscht und in der von dem absolut frei gewordenen
Volke gewählten konstitulerenden Versammlung fast lauter Narren oder
Thoren gefunden.
Baden blieb von den preußischen Truppen besetzt, die badischen
(darunter auch die aus der Schweiz zurückgekehrten) aber (Eängen nach
Bumüller, Neue Zeit. 6. Aufl.