Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

682 Die neue Revolutionsperiode. 
erregt werden, als die Spannung zwischen der Türkei und Rußland einen 
Bruch der beiden Mächte in Aussicht stellte. Die Griechen oder Hel- 
lenen, wie man sie gewöhnlich zum Unterschiede von den andern, Be- 
kennern der griechischen Kirche im türkischen Reiche nennt, wußten zwar 
wohl, daß Kaiser Nikolaus ihren Traum eines neuen byzantinischen 
Reichs höchlich mißbillige, daß er überhaupt seine gefürsteten Schützlinge 
stürze oder demüthige, wenn sie es sich herausnehmen, einen eigenen Willen 
zu haben oder gar nach anderem Schutze umzuschauen, aber sie glaub- 
ten, daß er ihnen jedenfalls bei dem Tode des „kranken Mannes“ am 
Bosporus einige Stücke von dessen Verlassenschaft gönnen werde, und 
stellten die fernere Zukunft dem Schicksale anheim. Als daher der Krieg 
zwischen Rußland und der Türkei förmlich ausgebrochen war, konnte der 
auf dies Ereigniß hin seit lange her vorbereitete Aufstand in Thessalien 
und Epirus nicht ausblelben; schon im Januar (1854) mußten sich 
die Türken wie 1821 in die Städte flüchten, wo sie von Insurgenten- 
banden eingeschlossen wurden. Aus Griechenland zogen letzteren wenigstens 
4000 Mann zu Hülfe, zum Theil regelmäßiges Militär, das kompagnie- 
weise mit den Offizleren desertierte, theils alte Palikaren und Klephten 
aus dem Freiheitskriege (man hörte wieder die Namen Tsavellas, Gri- 
siotis, Zaimi, Makryani, Grivas, Karaiskaki 2c.). Aber mit diesen 
Häuptlingen trat auch die alte Uneinigkeit und Verrätherei wieder auf; 
Arta wurde von den Türken behauptet, der Lord Oberkommissär der joni- 
schen Inseln unterstützte sie mit Geld und Munition, französisch-englische 
Proklamationen ermahnten drohend zur Ruhe und sicherten den Christen 
zugleich Schutz vor Unterdrückung zu, endlich führte Fuad Effendi 
ein kleines regelmäßiges Truppenkorps herbei, mit dem er die Insur- 
genten und hellenischen Freischaaren bei Peta schlug und im Mai Epirus 
vollends von den Aufständischen säuberte. Kräftiger vertheldigten sich 
diese in Thessalien am oberen Peneus, wo Harschi Christo ein tür- 
kisches Korps bei Kalambaka (24. Maih schlug, Trikkala besetzte und erst 
am 28. Juni der dreifachen Uebermacht Fuad Effendis sowie der Feig- 
heit und dem Verrathe einiger Kapitanis unterlag; der Aufstand in Make- 
donien, den Karatasso, ehemaliger Adjutant des Königs Otto, mit einer 
Freischaar unterstützen wollte, kam nicht völlig zum Ausbruche, indem 
die westmächtlichen Schiffe die Küsten streng beaufsichtigten und Landun- 
gen verhüteten. Die Westmächte waren über die Dioversion, welche die 
Griechen im Süden des türkischen Reichs zu Gunsten der Russen mach- 
ten, sehr aufgebracht; sie unterstützten daher die Note der Pforte an die 
griechische Regierung, in welcher diese in strengen Worten an die Pflich- 
ten der Neutralttät ermahnt wurde, und als die Antwort keineswegs 
befriedigend ausfiel, indem sich die griechische Reglerung weder zu einer 
öffentlichen Verurtheilung der Freischaarenzüge noch zu den geforderten Maß-
	        
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