Full text: Die Weltgeschichte. Dritter Theil. Die neue Zeit. (3)

698 Die neue Revolutionsperiode. 
ken, die Jahresausgabe auf 141,374,532 /8 Franken; der Steuerdruck 
mußte also in die Länge unerträglich werden, daher setzte Sardinien alles 
auf die letzte Karte: eine neue Revolution in Italien, welche als Mor- 
gengabe die Lombardei sammt den Pofürstenthümern einbringen soll. Die 
Aussichten gestalteten sich aber anfänglich nicht besonders günstig; Kaiser 
Franz Joseph wurde, als er im Jamuar und Februar 1857 sein italie- 
nisches Königreich besuchte, von dem ganzen Volke freudig begrüßt, und die 
vollkommene Begnadigung, welche er allen politischen Verbrechern in wahr- 
haft kaiserlicher Großmuth ertheilte, sowie die gänzliche Aufhebung aller 
Maßregeln des Kriegszustandes war doch wohl der stärkste Beweis, daß 
Oesterreich keinen revolutionären Ausbruch erwartete und noch viel weniger 
einen fürchtete. Ebenso wenig waren die Kundgebungen der Bevölkerung 
des Kirchenstaats, als Pius IX. (Juni bis September) die Städte der 
Romagna besuchte, geeignet, die Hoffuungen der Revolutionäre aufzufrischen. 
Ein Gegenbild zu Sardinien bot in vieler Beziehung das König- 
reich Neapel (Köntgreich beider Sicilien). König Ferdinand II. be- 
zwang (1848) die Revolution in seiner Hauptstadt und unterdrückte den 
Aufstand auf Sicllien, den England zu schüren fortfuhr; er beseitigte 
die von ihm selbst verliehene konstitutionelle Verfassung, weil sie von der 
revolutionären Partei als Waffe gegen das Königthum gebraucht wurde, 
und regierte sein Land so selbstständig als Napoleon III. Frankreich. 
Die Steuern waren in Neapel geringer als in Frankreich und England, 
der Kredit des Staates so fest, daß die Staatspapiere gar nicht auf 
auswärtige Börsen kamen, well sie im Lande selbst untergebracht wurden; 
das Heer war verhältnißmäßig zahlreich, wohlausgerüstet und geübt, die 
Flotte stärker als die sardinische, die Handelsmarine in steter Zunahme 
begriffen, Ackerbau und Gewerbe hoben sich; es wurden auf der Insel 
und auf dem Festlande viele Straßen gebaut, Eisenbahnen vollendet oder 
kräftig in Angriff genommen — dennoch wurde der König nach dem 
Abschlusse des Pariser Friedens von England und Frankreich auf 
eine beispiellose Weise (wenn wir die Behandlung Griechenlands aus- 
nehmen) angegangen. Eine Note sagte ihm, daß seine Weise zu regie- 
ren einen Aufstand voraussehen lasse, daher die beiden Mächte ihm (Sept.) 
wohlmeinend rathen, einen andern Gang einzuschlagen, worauf der 
König die gebührende unumwundene Antwort gab. Die Gesandten der 
beiden Rathgeber reisten Ende Oktobers ab, dafür erschienen aber meh- 
rere ihrer Kriegsschiffe in den Häfen und Gewässern des Königreichs, 
angeblich um die französischen und englischen Unterthauen zu beschützen, 
wenn es nöthig werden sollte. Trotz dieser westmächtlichen Demonstra- 
tionen erfolgte keine Empörung; am 22. November wagte allerdings ein 
Baron Bentivenga zu Cefalu auf Sicillen einen Versuch, der aber 
eher einem Banditenstreich gleich sah, bei dem Volke keinen Anklang fand
	        
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