Schluß. 717
nachdem dieselbe unserem kleinen Erdtheil durch so manches Jahrhundert
ausschließlich überlassen war. Auch gegenwärtig thut Europa noch das meiste,
da 280 Millionen Menschen sehr verkommen seln müßten, wenn sie nicht
mehr schaffen würden als 30 Millionen. Auf allen Feldern der Wissen-
schaft wetteifert der regste Fleiß, erzielt aber auf dem der Physik (m
weitesten Umfange des Wortes) die größten Erfolge. Nur die soge-
nannte spekulative Philosophie scheint erschöpft, denn sie weist nicht einen
einzigen hochberühmten Namen auf, und sonderbarer Weise erfreut sich
gegenwärtig auch nicht eine Nation auf der weiten Welt eines großen
Dichters. Daß keine neuen philosophischen Systeme mehr erbaut und
abgebrochen werden, dafür trösten uns mehr als hinlänglich die großen
Erfolge der Sprach-, Geschichts= und Naturforschung, die uns immer
tiefer in das Leben der Menschheit und in das Wirken der Naturkräfte
blicken lassen, und wenn keines Dichters Lied eine Nation bezaubert, so haben
wir ja die alten Lieder, die nie verhallen; zudem, ist nicht unsere Zeit hoch-
poetisch! Sah eine Zeit ein schöneres Heldenbild als das des Vaters
Radetzky 7 todesmuthigere Kämpfer als vor und in Sebastopol? Da dringen
einzelne Wanderer durch glühende Wüsten in das sonst unbekannte Afrika
ein (Barth, Overweg, Vogel, Knoblecher, Livingston), um den
armen Negern den friedlichen Verkehr mit der christlichen Welt zu eröffnen
und durch das Christenthum den alten Fluch über Cham zu lösen; dort
wagen sich Schiffer in das ewige Eis des Pols (Kane, M'Clure),
sie wollten Franklin mit dessen Gefährten, seit vielen Jahren auf der gleichen
Fahrt verschollen, Rettung bringen, aber es war zu spät; dafür entdeckte
der eine das ringsum von Eis umschlossene, offene, von Wasservögeln
belebte Polarmeer, der andere die langgesuchte nordwestliche Durchfahrt,
einen vielleicht immer durch Eis geschlossenen Sund, der Amerikas Festland
von den arktischen Inseln trennt. Jeder Sieg des Menschen über die Natur-
gewalt hat etwas Poetisches und seine Trlumphfeier; die größten dieser
Siege sind aber die drei großen Erfindungen der neuesten Zeit: Dampf-
maschine, namentlich Dampfschiff und Dampfwagen, Eisenbahn, elektromag-
netischer Telegraph. Das wildeste und stärkste aller Elemente, der Dampf,
der Sohn des Wassers und des Feuers, muß mahlen, sägen, spinnen, weben,
bohren, pumpen, Schiffe gegen die Strömung des Windes und der Fluthen
bewegen, muß den Wagen treiben, welcher ungeheure Lasten mit der Eile
des Flugs auf den eisernen Schienen in die weiteste Ferne zieht. Der
elektrische Funke trägt die Botschaft mit der Schnelligkeit des Blitzes überall
hin, so weit ihm durch einen dünnen Kupferdraht ein Pfad gebahnt wird,
so z. B. von Konstantinopel über den Kontinent und durch den Kanal
hinüber nach England (seit 1866 von Irland auf dem Grunde des atlan-
tischen Oceans nach Neufundland). Wir haben in dem ortientalischen
Kriege ein Vorspiel davon gesehen, was jene drei Erfindungen zu kriege-