Philipp II. von Spanien. Abfall der Niederlande. 79
riese Gelegenheit kam (wie gewöhnlich erzählt wird) der Name der
„Geusen“ auf; als nämlich die Regentin über den großen Zug erschrack,
segte ihr der Graf Barlaimont, eine Schaar Bettler (guenx) sei nicht
-e fürchten; die Edelleute und die ganze Partei der Unzufriedenen legten
sc nun diesen Namen bei. In den Demonstrationen des Argwohns
ud der Unzufriedenheit löste der Pöbel die Edelleute ab; die Prediger
der neuen Lehre, die aus Frankreich und Deutschland kamen, hielten
gooße Versammlungen im Freien und bereits bildeten sich wandernde
Volksversammlungen. Durch Gerüchte aller Art wurde das Volk in
fieberhafter Unruhe erhalten und endlich brachen die Anhänger der neuen
Lhre durch die Schranken, welche die höher stehenden Leiter der Bewe-
zung um das gemeine Volk hatten ziehen wollen, stürmten in Antwerpen,
Westflandern, Artols und anderen Gegenden die Kirchen und Klöster,
zuestörten Bilder und Altäre und raubten, was für sie einen Werth hatte.
Die Regentin befand sich nun in großer Verlegenheit; sie hatte keine
Tuppen, und Oranien, Egmond u. a. riethen zur Nachgibigkeit, weil
die Anwendung von Gewalt zu viel Blut kosten würde; sie ging darauf
ein und bewilligte auch alle Forderungen der Geusen, freilich mit dem
Vorsatz, später anders zu verfahren. Dies that Egmond aus Schwäche,
Oranien dagegen mit kluger Berechnung; er wußte recht wohl, daß eine
Revolution durch nichts mehr befördert wird, als wenn die Reglerung
waffenlos neben gerüsteten Volkshaufen steht; er hatte auch bereits ins-
geheim Verbindungen mit den protestantischen Fürsten in Deutschland
und mit der englischen Elisabeth angeknüpft. Die Wildheit der Kirchen-
siurmer und Kirchenräuber brachte jedoch einen Gegenschlag; viele Geusen
zegen sich von dem Bunde zurück, weil sie nichts gegen die katholische
Kirche unternehmen wollten, so Egmond und Graf Hoorn, und
ersterer half die Kirchenschänder mit Waffengewalt zu Paaren treiben.
Die Statthalterin nahm im Frühlinge 1567 den hohen Beamten noch
einmal den Eid der Treue ab und glaubte sie damit zu binden, Philipp
aber dachte auf andere Mittel, den unruhigen Geist der Niederlande zu
beischwören. Anfänglich hieß es, er selbst werde in die Niederlande kom-
men, bald aber kam andere Kunde: der Herzog von Alba sei mit einem
starken Kriegsheere auf dem Marsche. Dies wirkte; urplötzlich wurde
alles ruhig. Wilhelm von Oranien flüchtete mit seiner Familie nach
Deutschland; er wußte nämlich am besten, was er mit seinem Rath
zur Nachgibigkeit gewollt hatte, und täuschte sich nicht darüber, daß
Philipp ihn durchschaue; eben so klar war es ihm auch, daß Philipp
diese Gelegenheit benutzen werde, um die Freiheiten der Niederländer
zu vernichten, und daß er deßwegen die vornehmsten Herren vom Adel,
die in letzter Zeit bei den Volksbewegungen und Geusendemonstrationen
eine zweid eutige Rolle gespielt, zur Strafe ziehen werde. Seinem Bei-