Biebentes Kapitel
Von der Maas zur Marne
1# lasse mein Tagebuch selbst wieder eine Weile sprechen.
Sonnabend, 3. September. Wir verließen Donchery
mittags kurz vor ein Uhr. 1 Auf dem Wege überfiel uns ein kurz-
dauerndes, aber ungemein heftiges Gewitter, dessen Donner in den
Thälern lange wiederhallten, und dem später noch ein heftiger Platz-
regen nachrauschte, der den Kanzler, wie dieser abends bei Tisch
erzählte, in seinem offnen Wagen bis unter die Arme hinauf durch-
näßte. Er hatte den Regenrock zwar angezogen, sich aber nicht
darauf gesetzt. Zum Glück hatte es keine schlimmern Folgen. Die
Zeit schien gekommen, wo die Diplomatie die Weiterführung unfrer
Sache wieder mehr in die Hand nehmen mußte, und wenn der Chef
erkrankte, wer hätte ihn ersetzt?
Ich fuhr mit den Räten, und Graf Bohlen berichtete aller-
hand Einzelheiten über die Vorgänge der letzten Tage. Napoleon
ist deshalb so zeitig von Sedan aufgebrochen — es muß vor oder
bald nach Tagesanbruch gewesen sein —, weil er sich inmitten der
wütenden Soldaten, die in der Festung Kopf an Kopf zusammen-
gedrängt gestanden, laut getobt, Gewehre und Säbel zerbrochen
haben, als sich die Kunde von der Kapitulation verbreitete, nicht
1 Abeken S. 406 aus Vendresse, wohin sich Bismarck zunächst begab,
S. 131 (3. September] abends: „Heute morgen, ehe wir von Donchery weg-
fuhren, frühstückten wir beim Kronprinzen, der mich aufforderte, mit ihm anzu-
stoßen, und der vorher eine lange Unterredung mit dem Minister hatte, die letztern
sehr befriedigte. Es stecke doch sehr viel in dem Herrn drin. Das war auch
angenehm zu hören!“ In der Besprechung handelte es sich um die Stellung
des künftigen „Kaisers“ zu den Fürsten. Bismarck-Regesten I, 402.