III. Teil. Verfassungsurkunde. Artikel 23. 105
Artikel 23.1
Die Freyheit der Person? und des Eigenthums ist
Um den Grundsatz der Gewissensfreiheit vollständig durchzu-
führen, haben Wir, mit Zustimmung Unserer getreuen Stände,
verordnet und verordnen hiermit, wie folgt: -
ArtikelL
Jedem Einwohner des Großherzogthums steht die freie und
öffentliche Ausübung seines religiösen Cultus zu.
Unter dem Vorwande der Religion dürfen jedoch weder die
Gesetze des Staats oder der Sittlichkeit übertreten, noch Andere in
ihren politischen, bürgerlichen oder religiösen Rechten beeinträchtigt
werden.
Artikel 2.
Die Verschiedenheit des Religionsbekenntnisses hat keine Ver-
schiedenheit in den politischen oder bürgerlichen Rechten zur Folge.
Jede Unfähigkeit oder Beschränkung hinsichtlich der Ausübung
von politischen oder bürgerlichen Rechten und Rechtshandlungen,
welche bisher als Folge der Verschiedenheit des Religionsbekennt-
nisses bestanden hat, ist aufgehoben.
Artikel 3.
Die Bestimmungen dieses Gesetzes genießen den Schutz der
Verfassung.
Urkundlich Unserer eigenhändigen Unterschrift und des bei-
gedrückten Staatssiegels.
Darmstadt, den 2. August 1848.
(I. S.) LusW.
Jaup.
Bezüglich der Entstehungsgeschichte des Art. 22 vgl. die zu
Art. 20 angegebenen Quellen, sowie LV. II 1820, B. 2 H. 5 S. 143 ff.
1 Vgl. oben S. 46; vgl. auch die für Art. 23 vorbildliche Be-
stimmung der bayr. Verf. Tit. VII 82 und Preuß. Verf. Art. 5.
2 Uber Vereins= und Versammlungsfreiheit vgl. Verordnungen
vom 12. März 1832 und vom 23. Juni 1832, sowie Beobachter
1832, S. 62 u. S. 80. Vgl. auch Völsing, Das Vereins= und
Versammlungsrecht i. Gr. Hessen, Gießener Diss. 1902.