Full text: Hessische Verfassungsgesetze mit Einführung und Erläuterungen.

III. Teil. Verfassungsurkunde. Artikel 32—33. 109 
Artikel 32.1 
[Das Materielle der Justitz-Ertheilung und das ge- 
richtliche Verfahren, innerhalb der Gränzen seiner gesetz- 
lichen Form und Wirksamkeit, sind von dem Einflusse 
der Regierung unabhängig.) 
Artikel 33. 
Kein Hesse darf anders, als in den durch das Recht 
und die Gesetze bestimmten Fällen und Formen, ver- 
haftet, oder bestraft werden. 
Keiner darf, länger als 48 Stunden, über den Grund 
seiner Verhaftung in Ungewißheit gelassen werden und 
dem ordentlichen Richter soll, wenn die Verhaftung von 
einer anderen Behörde geschehen ist, in möglichst kurzer 
Frist von dieser Verhaftung die erforderliche Nachricht 
gegeben werden. 
1 Vgl. jetzt RGVG. § 1. Uber die frühere Bedeutung des 
Art. 32 vgl. Beobachter 1832 S. 173, 177, 212; Murhard 
Annalen 1 S. 315. — Die Frage des landesherrlichen Begnadi- 
gungs= und Abolitionsrechts wird durch Art. 32 nicht berührt; 
vgl. hierüber die zu Art. 50 angeführte Literatur. 
2 Im Gegensatz zu bloßen administrativen Reglements oder 
sonstigen Verwaltungs-Anordnungen (vgl. Art. 23 im Zusammen- 
halt mit Art. 72). 
3 Art. 33 ist durch die Bestimmungen der Reichsstrafprozeß- 
ordnung über Verhaftungen (§§ 112 ff.) insoweit ersetzt, als es sich um 
Freiheitsentziehung zum Zwecke der inländischen Strafverfolgung 
handelt (vgl. Löwe, Kommentar zur RSt PO. S. 380). Dagegen 
ist der Art. 33 auch heute noch in Geltung für jede, irgend einem 
anderen Zwecke dienende Freiheitsentziehung, also beispielsweise für 
die Freiheitsentziehung zum Zwecke der Auslieferung oder zu ande- 
ren polizeilichen Zwecken (z. B. Festnahme eines gemeingefährlichen 
Geisteskranken, eines hilflosen Betrunkenen, eines verirrten 
Kindes rc.). Die Polizei ist also in der bezeichneten Richtung 
nicht befugt, nach freiem Ermessen zu handeln, sondern sie darf 
Freiheitsentziehungen nur unter Beobachtung der in Art. 33 ent- 
 
	        
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