14 I. Teil. Einleitung.
Im Volke herrschte natürlich der lebhafte Wunsch,
die verheißene Repräsentativ-Verfassung möglichst bald
verwirklicht zu sehen; die Verfassungsbewegung, welche
in den übrigen süddeutschen Staaten eine so große Rolle
gespielt hatte, scheint jedoch in Hessen-Darmstadt anfäng-
lich keinen sehr bedeutenden Umfang gehabt zu haben. In
erster Linie waren es die Standesherrn, welche sich im
Frühjahr 1816 mit der dringenden Bitte um Einbe-
rufung einer Ständeversammlung an den Landesherrn
wandten; ihr Schritt fand jedoch von seiten der übrigen
ehemaligen hessischen Landstände, welchen die Eingabe
zum Zwecke gemeinsamen Vorgehens mitgeteilt worden
war, nicht die erwartete Unterstützung.
Erst im Spätjahr 1818 und im Winter 1818/19
zeigte sich eine lebhaftere Bewegung unter den Gemein-
den des Landes, worauf Großherzog Ludewig durch eine
vom 18. Februar 1819 datierte Verordnung seinen
Untertanen die Versicherung erteilte, „daß im Mai 1820
die erste Ständeversammlung einberufen, und daß eine
umfassende Verfassungsurkunde vor diesem Zeitpunkte
bekannt gemacht werden solle“. Da die Gemeinden fort-
fuhren, durch immer dringendere Bittschriften auf eine
beschleunigte Zusammenberufung der Stände hinzu-
arbeiten, wurde durch eine Proklamation des Staats-
ministeriums vom 17. September 18192 nochmals die
Versicherung erteilt, „daß S. K. H. Ihr fürstliches Wort,
zwar nicht vor dem von Allerhöchstdemselben festgesetzten
Zeitpunkte, dann aber unfehlbar zu lösen wissen würden,
und daß die Bekanntmachung der Verfassungsurkunde,
durch welche S. K. H. das Band der Liebe und des
1 Allg. Staatsverf.-Archiv II, S. 123 ff., bes. S. 203.
2 Pölitz 1I, S. 261.