16 I. Teil. Einleitung.
Es ist leider nicht möglich, hier der Frage nach-
zugehen, inwieweit die Entschließungen der hessischen
Regierung in bezug auf die hessische Verfassungsfrage
im Einzelnen auf einen vom Bunde ausgeübten Druck
zurückzuführen sind. Soviel steht ohne weiteres fest,
daß es den deutschen Mittel= und Kleinstaaten sowohl
bei den Karlsbader Konferenzen von 1819 als auch bei
den im gleichen Geist sich bewegenden Wiener Minister-
Konferenzen von 1819/20 vor allem darum zu tun
war, dem Bunde im einzelstaatlichen Interesse stärkere
Waffen gegen das Schreckgespenst der „demagogischen
Umtriebe“ und der Revolution in die Hand zu geben
und auf seine Schultern das Odium der für notwendig
erachteten reaktionären Maßnahmen abzuladen, daß sie
aber gleichzeitig ängstlich darauf bedacht waren, jede Be-
einträchtigung ihrer Souveränität durch den Bund mit
allen Mitteln der Diplomatie abzuwehren. In bezug auf
den Grundsatz der „Aufrechterhaltung des monarchistischen
Princips" und die möglichste Beschränkung landständischer
Rechte — wenn auch nicht bezüglich der hierzu anzu-
wendenden Mittel! — waren alle deutschen Staaten einig;
in bezug auf die „Aufrechterhaltung des Bundesvereins,
als der einzigen Stütze seiner Unabhängigkeit und seines
Friedens“ bestand nicht einmal zwischen den Großmächten
Preußen und Osterreich volle Ubereinstimmung.
Die Wiener Konferenzen waren zweifellos auf das
Verfassungswerk in Hessen = Darmstadt von größtem
Einfluß; „die Schlußakte der über Ausbildung und
Befestigung des deutschen Bundes zu Wien gehaltenen
Ministerialkonferenzen“ vom 15. Mai 1820 7, lebt in
1 Vgl. Ilse S. 7.
2 Vgl. Ilse S. 183 ff., 347 ff., s. auch Klüber, Quellen-
sammlung S. 180 ff.