III. Die Entstehung der hess. Verfassungsurkunde. 17
einzelnen ihrer Bestimmungen! in der hessischen Ver-
fassungsurkunde noch heute fort. Von besonderer Be-
deutung waren für die hessische Regierung natürlich die
Verhandlungen über die „Auslegung“ des Art. 13 der
Bundesakte. Der hessische Bevollmächtigte Geh. Rat
Frhr. du Thil gehörte allerdings der mit dieser An-
gelegenheit befaßten vorbereitenden Kommission nicht an;
es liegt jedoch die Annahme nahe, daß die von der
Kommission auf Grund der Metternich'schen Vorarbeiten
schon am 16. Dezember 1819 an das Plenum ge-
brachten Vorschläge zur Erläuterung des Art. 132, der
hessischen Regierung nicht unbekannt geblieben sind. Noch
ehe die Fassung dieser Sätze — der nachmaligen Artikel
54—62 der Schlußakte — vom Plenum beschlußmäßig
festgestellt worden war, erfolgte in Darmstadt ein Schritt
von größter Tragweite: Unterm 18. März 1820 er-
schien ein von Großherzog Ludewig unterzeichnetes und
von dem Staatsminister von Grolmann kontrasigniertes
„Edikt über die landständische Verfassung des Groß-
herzogthums", welches im ganzen Lande „allgemeine Be-
stürzung“ erregte.
Die allgemeine Meinung ging dahin, daß in diesem
Erlasse die wiederholt verheißene umfassende Verfassungs-
urkunde zu erblicken sei. Den Anforderungen aber, welche
man an eine solche zu stellen berechtigt war, genügte
das Edikt in keiner Weise. Auch die zur Vervollständi-
gung und Ergänzung dieses Ediktes dienenden Verord-
nungen vom 18., 25. und 31. März 1820, welche die
Ausübung des Bürgerrechts, die Abgeordnetenwahlen
und die landständische Geschäftsordnung regelten, halfen
1 Vgl. z. B. Schlußakte Art. 57 mit H. V. Art. 4.
2 Vgl. Vortrag des bayr. Bevollmächtigten; Ilse, S. 44.
3 Polit. Annalen 1 S. 280.
Handausgabe hess. Gesetze: W. van Calker, Verfassungsgesetze. 2