III. Von den allgem. Rechten u. Pflichten der Hessen. 45
und bedeutungsvoll: An den Besitz des Staatsbürger—
rechts ist nicht nur die Möglichkeit zur Mitgliedschaft
in der I. und II. hessischen Kammer, sondern auch das
aktive Wahlrecht zur hessischen Volksvertretung geknüpft!
Die Rechte, welche dem hessischen Staatsangehörigen
— und zufolge NV. Art. 3 Abs. I nunmehr jedem
Reichsangehörigen ohne Rücksicht auf seine Einzelstaats-
angehörigkeit — zustehen, sind insbesondere folgende:
1. Gleichheit vor dem Gesetze. (Art. 18, 19.)
Die verfassungsmäßige Anerkennung dieses Grundsatzes
war hauptsächlich im Hinblick auf die privilegirten Ge-
richtsstände einzelner Klassen der Staatsangehörigen
(Austrägalgerichte, Schriftsässigkeit usw.) also hinsichtlich
des Prozeßverfahrens, von Wichtigkeit; was dagegen
die materielle Beurteilung anlangt, so galten die
Normen des Zivilrechts und des Strafrechts auch da-
mals schon gleichmäßig für alle Untertanen. Ebenso ge-
hörte auch die in den Art. 29 und 30 nochmals aus-
drücklich hervorgehobene gleiche Teilnahme aller Staats-
angehörigen an der Kriegsdienst= und Steuerpflicht
vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen auch schon vor dem
Erlasse der hessischen Verfassung zu den allgemein an-
erkannten Grundsätzen des hessischen Staatsrechts.
Der in Art. 19 und 36 aufgestellte gleichheitliche An-
spruch aller Staatsangehörigen auf die Zulassung zum
Staatsdienst ist eine selbstverständliche Konsequenz der
verfassungsmäßigen Gleichheit. Daß bei den Ausschuß-
verhandlungen des Jahres 1820 gleichwohl seine aus-
drückliche Konstatierung gewünscht wurde, ist indessen
wohl erklärlich angesichts der Tatsache, daß noch im
1 Die allgemeine Kriegsdienstpflicht ist nunmehr reichsrecht-
lich geregelt; vgl. die Anm. zu Art. 28.