V. Von den Kirchen und anderen Anstalten. 53
wurde zum Schutze der Einzelnen und der Gesamtheit
vor Intoleranz und kirchlichen Mißbräuchen jedem
Staatseinwohner das Recht der Gewissensfreiheit (Art. 22)
und jeder anerkannten christlichen Konfession die Kultus-
freiheit gewährt (Art. 22); zugleich wurden gewisse Prä-
ventivbestimmungen getroffen, um den Vollzug unzu-
lässiger kirchlicher Verordnungen zu verhindern (Art. 5
des Gesetzes vom 23. April 1875, die rechtliche Stellung
der Kirchen 2c. betreffend, an Stelle des aufgehobenen
Art. 40 HV.), strafbaren Handlungen der Geistlichen
entgegenzutreten (Art. 41), und Mißbräuche der kirch-
lichen Gewalt zu unterdrücken (Art. 42.)
Von diesen allgemeinen Grundlagen ausgehend hat
die spätere Gesetzgebung, insbesondere diejenige vom
23. April des Jahres 18751, die Rechtsverhältnisse der
Religionsgenossenschaften im einzelnen ausführlich ge-
regelt.
Der Aufbau der zur Zeit bestehenden anerkannten
Religionsgenossenschaften zeigt folgende Struktur:
a) Die Verfassung der evangelischen Kirche (Luthe-
raner, Reformierte und Unierte) beruht auf dem Grund-
satze des Summepiskopates des evangelischen Landes-
herrn. Dieser übt das ihm zustehende Kirchenregiment
teils selbständig und allein, teils unter Mitwirkung der
Landessynode, teils durch das Oberkonsistorium aus;
dem letzteren sind je ein Superintendent für jede Pro-
vinz und je ein Dekan für jeden Dekanatsbezirk unter-
stellt. Neben der dem Landesherrn dienenden konsisto-
rialen Organisation besteht gleichzeitig ein, auf dem
Grundsatze der kirchlichen Selbstverwaltung aufgebautes
System von synodalen Vertretungsorganen; die erste
1 Vgl. A. Schmidt, S. 126f.