68 II. Teil. Die Grundlagen des hess. Verfassungsrechts.
bestimmter Staatsämter aufhebt, ist in dieser Hinsicht
von besonderer Wichtigkeit der in Art. 47 ausgesprochene
Grundsatz, daß niemand ein Staatsamt erlangen kann,
ohne seine Fähigkeit dazu durch ordnungsmäßige Prü—
fung bewiesen zu haben. Die Krone hat sich durch
diese Bestimmung eine Selbstbeschränkung von nicht zu
unterschätzender Tragweite auferlegt; dabei ist allerdings
zu beachten, daß der Art. 47 Abs. 1 insoferne als
eine lex imperfecta erscheint, als seine Durchführbarkeit
von der Einführung ordnungsmäßiger Examina für
die einzelnen Zweige des Staatsdienstes abhängt, die
Aufstellung der Prüfungsordnungen aber als Ausfluß
des landesherrlichen Verwaltungsrechts gemäß Art. 4
mit 73 HV. dem Großherzog zusteht.1
Eine weitere Einschränkung der Kronrechte enthält die
Bestimmung des Art. 50, inhaltlich deren Untersuchungen
gegen Staatsdiener wegen Dienstverbrechen nicht nieder-
geschlagen werden können. Da zur Zeit der Erlassung
der Verfassungsurkunde das Abolitionsrecht als ein
Gnadenrecht des Landesherrn im allgemeinen unbe-
stritten fest stand, so liegt anscheinend ein privilegium
onerosum zu Ungunsten der Staatsbeamten vor; in-
1 Der Art. 47 Abs. 1 hat erst im Jahre 1832 durch die Ver-
ordnungen, die Vorbereitung zum Staatsdienste im Finanz= und
technischen Fache, und bezw. im Justiz= und Regierungsfache be-
treffend (RBl. S. 185 u. 517), in der Hauptsache seine Verwirk-
lichung gefunden. Trotz der zahlreichen neueren Vorschriften über
Staatsdienstprüfungen gibt es aber selbstverständlich auch heute
noch Staatsämter — wie z. B. diejenigen der Minister — welche
keine bestimmte Prüfung voraussetzen. Diese Tatsache hat aus-
drückliche Anerkennung gefunden in Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes,
die Dienstverhältnisse, Ruhegehalte und Hinterbliebenenversorgung
der Staatsbeamten betreffend, vom 2. Aug. 1899 (RBl. S. 397).
2 Vgl. unten Anm. zu Art. 50.