Full text: Hessische Verfassungsgesetze mit Einführung und Erläuterungen.

VII. Von dem Staats-Dienste. 69 
dessen besteht wohl kaum ein Zweifel darüber, daß der 
eigentliche Zweck dieser Vorschrift der war, ein Korrelat 
gegenüber den im absoluten Staat naturgemäß sehr weit- 
gehenden Machtbefugnissen der Dienstgewalt zu schaffen, 
die unter Umständen ein Interesse daran haben konnte, 
dienstliche Delikte von Staatsbeamten dem Zugriffe des 
Richters zu entziehen. Ahrlich steht es mit der durch 
den gleichen Artikel statuierten Beschränkung des landes- 
herrlichen Begnadigungsrechts. Das Begnadigungsrecht 
besteht an sich unbeschadet der strafrechtlichen und prozeß- 
rechtlichen Bestimmungen des Reichsrechts — insbeson- 
dere des § 31 RSt G. — auch heute noch fort; allein 
das Begnadigungsrecht des Großherzogs von Hessen ist 
zufolge Art. 50 HV. insofern eingeschränkt, als dieser 
Staatsdienern, welche nach den Vorschriften des Reichs- 
strafgesetzbuches mit ihrem bisherigen Dienst zugleich 
auch die Fähigkeit zur Wiederanstellung im Staatsdienst 
verloren haben, zwar wohl die Hauptstrafe — Zucht- 
hausstrafe bezw. Gefängnisstrafe (vgl. RSt G. 8§8 31, 
358) — nicht aber die genannten Nebenstrafen im 
Gnadenwege erlassen kann. 
Die übrigen Vorschriften des siebenten Titels der 
Verfassungsurkunde — Art. 49 Abs. 1 und 2 — ver- 
folgen den Zweck, die Stellung der Staatsbeamten, ins- 
besondere nach der finanziellen Seite hin, vor willkür- 
lichen Eingriffen sicherzustellen, indem „die gesetzlichen 
Bestimmungen über die Pensionirung der Staatsdiener 
und die Rechte derselben aus den bestehenden Instituten 
der Wittwen= und Waisen-Kassen“ unter den Schutz der 
Verfassung gestellt werden. Irgendwelche positive Nor- 
men über die Rechtsverhältnisse der Beamten sind, wenn 
wir von dem bereits oben erwähnten Art. 34 HV. 
absehen, in der Verfassungsurkunde nicht enthalten. Bis
	        
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