VIII. Von den Landständen. 71
einstimmenden Beschlußfassung beider Kollegien die Be—
deutung einer staatsrechtlich wirksamen Willenserklärung
zukommt. 1
Die Zugehörigkeit zur I. Kammer, deren Zusammen-
setzung im Laufe der Jahre mancherlei Wandlungen
durchgemacht hat,: hat zur ersten notwendigen Vor-
aussetzung den Besitz des hessischen Staatsbürgerrechts;
das letztere aber ist bedingt durch die hessische Staats-
angehörigkeit, männliches Geschlecht, Volljährigkeit, drei-
jährige Ansässigkeit in Hessen und — soferne es sich
nicht um die Häupter der standesherrlichen Familien
handelt — durch den Nichtbesitz einer außerdeutschen
Staatsangehörigkeit.* Außerdem setzt der Eintritt in
die I. Kammer die Zurücklegung des 25. Lebensjahres
voraus. (WG. Art. 10.) Im übrigen gründet sich die
Berufung zum Mitglied der I. Kammer teils auf Ge-
burtsstand, teils auf amtliche Stellung, teils auf Wahl,
teils auf landesherrliche Bestellung.
Auf Grund des Geburtsstandes haben das Mitglied-
schaftsrecht in der I. Kammer anzusprechen: erstens, die
Prinzen des Großherzoglichen Hauses,“ zum zweiten
(vorbehaltlich bestimmter Voraussetzungen) die Häupter
der hessischen standesherrlichen Familien, drittens der
Senior der Familie der Freiherrn von Riedesel. Die
zwei Vertreter aus dem Stande der adeligen Grund-
eigentümer (WGG. Art. 2 Ziff. 7; Art. 16 u. 17) erwerben
ihre Kammer-Zugehörigkeit nicht unmittelbar durch ihren
Geburtsstand, sondern erst durch Wahl seitens ihrer
1 Dies äußert sich u. a. auch darin, daß stets beide Kammern
gleichzeitig zu berufen sind.
2 Vgl. Cosack S. 19f.
Vgl. W. Art. 2 Ziff. 8; Art. 11; HV. Art. 14.
4 Solche sind z. Z. nicht vorhanden.