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8. 1.
Allgemeine Konstruktion der Neigungswaagen für Eisenbahn-Passagiergepäck.
Die Eigenthümlichkeit der im Hinblick auf die besonderen Umstände, unter denen Wägungen von
Eisenbahn-Passagiergepäck stattfinden, zur Eichung und Stempelung zuzulassenden Neigungswaagen besteht
darin, daß die Bemessung der Schwere der Last nicht durch Auflegen eines gleich schweren oder in bestimmtem
Maaße verjüngten Gewichts geschieht, sondern dadurch, daß die durch verschiedene Beschwerungen des Last-
Hebelsystems bewirkten Verschiedenheiten der Lage (Neigung) des mit einem konstanten Gegengewicht be-
schwerten Gewichtsarms des Haupt-Winkelhebels gegen die Vertikale durch geeignete Führungen vermittelst
Zahnstange, Getriebe und beweglichen Zeiger auf ein mit fortlaufenden Gewichtsangaben versehenes Ziffer-
blatt derart übertragen werden, daß der Zeiger bei derjenigen Gewichtsangabe des Zifferblatts sich einstellt,
welche dem jedesmaligen Gewichtswerthe der Belastung entspricht.
Die Vortheile dieser Art der Wägung sind ganz dieselben, welche im §. 1. des Erlasses vom
25. Juni 1872 zu Gunsten der Federwaage für Eisenbahn-Passagiergepäck aufgeführt worden sind.
Die Nachtheile des Konstruktionssystems, welche diese Vortheile der Bequemlichkeit und Schnelligkeit
bei Weitem überwiegen, wo es sich um gleichmäßigere und genauere Wägungeresultate, als sie für den hier
in Rede stehenden Zweck erforderlich sind, handelt, bestehen darin, daß, sobald die zur Erfüllung der Gleich-
gewichtsbedingungen bei jeder Belastung erforderliche Winkelbewegung des Hebelsystems auch zur Drehung
eines Zeigerwerks benutzt wird, Widerstände gegen die reinen Winkelbewegungen des Hebelsystems eingeführt
werden, welche leicht bewirken können, daß dasselbe auch in Folge von kleinen veränderlichen Hemmungen an
dem Zeigerwerk oder von sonstigen kleinen Störungen in einer andern Lage als der dem jedesmaligen Be-
lastungsverhältnisse entsprechenden zur Ruhe kommt, und daß überhaupt die Mängel der mechanischen Aus-
führung von Drehungsbewegungen größeren Winkelbetrages, wie sie im allgemeinen bei Neigungswaagen
zugelassen werden müssen, sowohl die Empfindlichkeit solcher Waagen als die Zuverlässigkeit und Beständigkeit
ihrer Leistungen so weit herabsetzen, daß sie nur sehr geringen Anforderungen zu genügen vermögen, während
bei denjenigen Waagen, bei welchen man das Gewicht der Belastung aus der Schwere der zur Herstellung
einer und derselben Gleichgewichtslage erforderlichen Gegengewichte ableitet, die unvermeidlichen Störungen
des freien Spiels von Drehungen im allgemeinen innerhalb eines kleineren Winkelbetrages und deshalb in
viel geringerem Maaße auftreten.
S. 2.
Besondere Vorschriften über die Beschaffenheit der zur Abwägung von Eisenbahn-
Passagiergepäck zuzulassenden Neigungswaagen.
Die zur Eichung und Stempelung zuzulassenden Neigungswaagen für Wägung von Eisenbahn-
Passagiergepäck müssen an ersichtlicher Stelle, etwa in der Nähe des Zifferblattes, ein Schild tragen, auf
welchem in deutlicher Schrift die Bezeichnung „Neigungswaage für Eisenbahn-Passagiergepäck“ enthalten ist.
Die Zifferblätter der Neigungswaagen müssen nach Kilogramm eingetheilt sein, und dasjenige Inter-
vall der Zifferblatteintheilung, welches einem Unterschiede der Belastung von einem Kilogramm entspricht,
darf nicht kleiner sein als 5 Millimeter.
Die Hebelverbindungen der Waage müssen den allgemeinen in der Eichordnung und der Instruktion
für die Beschaffenheit der Drehungseinrichtungen an Waagen aufgestellten Vorschriften bezüglich der Anord-
nung, Gestalt und sonstigen Beschaffenheit der einzelnen Theile entsprechen; auch muß die Waage eine Arre-
tirung besitzen, durch welche die Drehungs= und Ablesungseinrichtungen vor der Wirkung der Stöße beim
Aufbringen von Lasten thunlichst bewahrt werden. Die Waage muß ferner mit einer Vorrichtung versehen
sein, durch welche die Wirkung des sogenannten schädlichen Raumes zwischen den Zähnen der Zahn-
stange und des Getriebes am Zeigerrade beseitigt wird, z. B. mit einem Gegengewicht, welches das Zeigerrad
so zu drehen sucht, daß die Zähne seines Getriebes sich stets in derselben Weise an die der Zahnstange
anlegen.
Endlich muß eine angemessene Regulirungseinrichtung für die sichere und bequeme Ausführung der
von Zeit zu Zeit mittelst geeichter Gewichte zu bewirkenden Richtigstellung der Angaben des Zifferblattes der
Waage sowie ein Pendelzeiger zur Sicherung derjenigen Stellung der Waage gegen die Vertikale, in welcher
die Eichung derselben erfolgt ist, vorhanden sein.