Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Vierter Jahrgang. 1876. (4)

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des angerufenen Verwaltungsgerichts zur Entscheidung über die bezeichneten Ansprüche. Denn auch Streitig- 
keiten zwischen Armenverbänden, welche nur vor der zuständigen Landespolizeibehörde nach §. 34 des 
preußischen Armenpflege-Gesetzes vom 31. Dezember 1842 vor dem 1. Juli 1871 anhängig geworden waren, 
find, wie das Erkenntniß des Bundesamtes vom 24. März 1873 in Sachen Berlin . Charlottenburg 
(Wohlers, Sammlung Heft 2. p. 137 ff.) ausführt, in dem früheren Verfahren zum Austrag- zu bringen. 
Es muß daher dem Kläger überlassen werden, sich mit den der Kognition der neuen Spruchbehörden entzo- 
genen Ansprüchen an die zur Vollstreckung des Regierungsresolutes berufene Behörde zu wenden. Aus 
dem gegenwärtigen Verfahren waren dieselben auszuscheiden. 
Was hingegen die Ansprüche aus der Unterstützung der zwei jüngeren erst nach dem Erlaß des Re- 
gierungsresolutes geborenen Kinder betrifft, so liegt eine vollstreckbare Entscheidung und ein vor dem 1. Juli 
1871 anhängig gewordener Streit nicht vor. Es war daher auf Prüfung derselben einzugehen. 
Dabei drängt sich in erster Linie die Frage auf, ob diese beiden Kinder, von welchen Wilhelmine 
drei Tage nach dem Tode des Vaters geboren ist, dem letzten Unterstützungswohnsitze des Vaters folgen, wie 
der erste Richter voraussetzt, oder ob sie an dem Unterstützungswohnsitze Theil nehmen, welchen das mehr- 
erwähnte Regierungsresolut der Mutter in Tilsit angewiesen hat. Nach ausdrücklicher Vorschrift in S. 19 
des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 folgen eheliche Kinder nach dem Tode des Vaters dem Domizilverhält- 
nisse der Mutter. Darnach würden Marike und Wilhelmine ihr Hilfsdomizil in Tilsit haben, wenn die 
Mutter in Wahrheit dort ortsangehörig wäre. In diesem Punkte vermag jedoch das Bundesamt die Ent- 
scheidung vom 8. Januar 1870 als begründet nicht anzuerkennen. Nach §. 17 des preußischen Armen- 
pflege-Gesetzes vom 31. Dezember 1842 nahmen Ehefrauen an dem Unterstützungswohnsitze und eventuell an 
der Landarmenqualität des Ehemannes unbedingt Theil, ohne Unterschied, ob sie zur Zeit der Verehelichung 
der Armenpflege schon anheimgefallen waren oder nicht. (Vergl. Entscheidung des Bundesamtes vom 13. Sep- 
tember 1873 in Sachen Dorstfeld contra Sappenrada — Wohlers Sammlung Heft 3 p. 13 f.) 
Mit der Verheirathung ging daher die verehelichte W. in das unbestritten bestandene Hilfsdomizil ihres Mannes, 
Kaltecken, über und ist noch jetzt dort ortsangehörig. Formell freilich liegt dem Kläger die Fürsorge für die dauernd 
hilssbedürftige W. so lange ob, als das Regierungsresolut vom 8. Januar 1870 nicht durch eine im Rechtswege 
erlangte Entscheidung abgeändert ist. Allein für die Bestimmung des Hilfsdomizils derjenigen Kinder, deren 
Armenpflege das gedachte Resolut nicht ordnet, ist dasselbe überhaupt nicht maßgebend. Am wenigsten bildet 
die in den Gründen ausgesprochene Ansicht, daß die verehelichte W. ihren Unterstützungswohnsitz in Tilsit trotz 
der Verheirathung beibehalten habe, eine für die Entscheidung aller späteren Streitsachen, in welchen der 
Unterstützungswohnsitz der W. von Bedeutung ist, bindende Norm. Soweit also das Hilfsdomizil der verehelichten 
W. in Frage kommt, um danach den Unterstützungswohnsitz der Kinder zu bestimmen, ist das 
Bundesamt nicht genöthigt, jene als irrig erkannte Ansicht seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. Viel- 
mehr darf unbedenklich der richtigen Ansicht folgend, davon ausgegangen werden, daß die Kinder den ihrer 
Mutter noch jetzt zustehenden letzten Unterstützungswohnsitz des Vaters in Kaltecken theilen, und daß Ver- 
klagter der fürsorgepflichtige Armenverband ist. 
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