Object: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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und Fähren über die nicht schiffbaren Teile von 
Gewässern (in den nicht landrechtlichen Teilen 
der Monarchie auch über schiffbare Gewässer, 
s. Brücken), Furten, Durchlässe, Entwässe- 
rungsanstalten (Rinnsteine), Böschungen, Baum- 
pflanzungen, Schutzgeländer, Warnungstafeln, 
Wegweiser, jedoch nicht Straßenschilder in den 
Städten (OB G. 21, 423; 28, 89) u. dgl. Ebenso 
alle zur Verhütung oder Beseitigung von nach- 
teiligen Folgen der Wegeanlagen selbst er- 
forderlichen Vorrichtungen. Die Zubehörungen. 
werden hinsichtlich der Wegebaulast behandelt 
wie die Wege selbst (Wegeordnung für Sachsen 
vom 11. Juli 1891 — GS. 316 — 8§8§ 5, 6; 
Wegeordnung für Westpreußen vom 27. Sept. 
1905 — GS. 357 — §§ 5, 10, 11; Wegeordnung 
für Posen vom 15. Juli 1907 — GS. 243.— 
§ 10). Das letztere Gesetz verwendet den Ausdruck 
Zubehörung nicht mehr, weil er entbehrlich und 
nicht zu empfehlen sei, da nach § 97 BGB. 
Zubehör nur bewegliche Sachen sind. 
Zuchthäuser. In früheren Zeiten waren die 
Z. nur für weniger schwere Verbrechen be- 
stimmt — die schwersten Verbrecher kamen in 
die zu Gefängnissen eingerichteten Kasematten 
der Festungen, über welche Gefängnisse die 
Militärbehörde die Verwaltung führte, — und 
bloß zu einem kleinen Teile in den Händen des 
Staates, im übrigen in denen der Stände oder 
der Städte. Auch dienten sie meist zugleich zur 
Aufnahme von Landstreichern und Bettlern 
und waren mit Armen-, Irren-, Waisen= und 
Krankenhäusern verbunden. Die Umgestaltung 
der Z. in Preußen zu ihrer jetzigen Art begann 
mit dem zuerst für Rawitsch erlassenen und dann 
weiter übertragenen Regl. vom 4. Nov. 1835. 
Ihre Zahl ist im Laufe der Zeit durch Aufhebung 
der kleineren Z. erheblich verringert worden 
und beträgt gegenwärtig 32. Sie heißen jetzt 
Strafanstalten. Seit dem Jahre 1874 sind alle 
neuen Strafanstalten nach dem Systeme der 
Einzelhaft erbaut und ist bei den Um- und 
Erweiterungsbauten der alten Strafanstalten 
auf eine Vermehrung der Einzelzellen und die 
Einrichtung von Schlafzellen und Schlafkojen 
tunlichst Bedacht genommen worden. S. auch 
Strafanstalten und Strafen II. 
Tuchthausftrafe= s. Strafen II. 
Züchtigung f. Lörperliche Züchti- 
gung und Schulzucht. 
Zuchtmittel (iachlich.) s. Disziplinar- 
gewalt (kirchliche); Kirchenzucht. 
Juckerfabriken s. Rohzuckerfabriken. 
Zuckerkonferenzen ist die Bezeichnung für die 
Verhandlungen zwischen Kommissaren der wich- 
tigsten Rübenzucker erzeugenden und verbrauchen- 
den Staaten, deren Zweck in der Hauptsache die 
Bescitigung der Ausfuhrprämien für Zucker war. 
Sie führten schließlich zur Brüsseler Zuk- 
kerkonvention. Zuckersteuer I. 
Zuckerraffinerien sind keine chemischen Fa- 
briken (s. d.) und daher nicht genehmigungs- 
pflichtig (RG# Z.#40, 183). Das gleiche gilt von 
den in Z. zum Brennen des Strontianits be- 
nutzten fen, da diese weder Gips= noch Kalk- 
öfen sind (OME. vom 30. Okt. 1903). üÜber 
die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugend- 
lichen Arbeitern (s. d.) in Z. sind vom B. auf 
Grund des § 139 a GewO. Vorschriften erlassen 
  
Zuchthäuser — Zuckersteuer (Steuer von Rübenzucker) 
(RKBek. vom 5. März 1902 — R Bl. 72). 
S. auch Sonntagsruhe im Gewerbe-- 
betriebe IV. Im Sinne des Zuckersteuer- 
gesetzes gelten Z. als Zuckerfabriken, wenn in 
ihnen unversteuerter Zucker weiter verarbeitet 
wird (s. Zuckersteuer IIII 1). 
Juckerstener (Stener von Rübenzucker). 
I. Allgemeines. a) Besteuerung 
des Zuckers. In der Mehrzahl derjenigen 
Länder, in denen Zucker aus Rüben gewonnen 
wird, wird eine indirekte Steuer, die Z., er- 
hoben, neben die meistens ergänzend ein Zoll 
von ausländischem Zucker tritt. Bei der inncren 
Steuer kommen verschiedene Erhebungsarten 
vor: 1. die Materialsteuer (Rüben- 
steuer), die nach der Menge der zur Herstellung 
von Zucker verwendeten Rüben bemessen wird. 
Ihre Erhebung ist bequem, doch begegnet sie 
denjenigen Bedenken, die gegen die Material- 
steuern (s. d.) im allgemeinen bestehen; 2. die 
Halbfabrikatsteuer (Saftsteuer), bei der 
diese Bedenken in etwas zurücktreten, die aber 
wegen der Schwierigkeit, den Zuckergehalt im 
Saft zu bestimmen, schwerer durchführbar ist 
als die Materialsteuer; 3. die Fabrikat- 
steuer, die nach der Menge des fertigen 
Zuckers bemessen wird. Sie wird teils nach 
Fertigstellung des Zuckers in der Zuckerfabrik 
(als Fabrikatsteuer im engeren Sinne), teils 
als Verbrauchsabgabe beim Eintritt des 
Zuckers in den freien Verkehr erhoben. Da 
bei dieser Steuer, insbesondere in der letzt- 
erwähnten Form, die Steuerentrichtung dem 
Zeitpunkte des Verbrauchs näher gerückt ist, 
so ist sie als die zweckmäßigste zu bezeichnen. 
b) Ausfuhrvergütung (Prämien). 
Eigenartige Verhältnisse ergeben sich bei der 
Z. aus der Tatsache, daß in den wichtigsten 
Zuckererzeugungsländern (z. B. Deutschland, 
Osterreich-Ungarn, Frankreich) die Ausfuhr des 
Zuckers seit langer Zeit eine bedeutende Rolle 
spielt, und daß sich deshalb die Notwendigkeit 
ergab, den zur Ausfuhr gelangenden Zucker von 
der inneren Steuer freizulassen (s. Ver- 
brauchsteuern unter I1 a. E.). Diesc 
Freilassung vollzieht sich nämlich zwar bei der 
Fabrikatsteuer in einfacher Weise dadurch, daß 
der Ausfuhrzucker von der Steuer befreit bleibt. 
Dagegen gestaltet sich die Sache bei der — in 
früherer Zeit die Regel bildenden — Material- 
steuer insofern schwieriger, als die Steuer nach 
dem Rohmaterial erhoben wird, zur Ausfuhr 
aber das Fertigsabrikat vorgeführt wird, und 
als es deshalb notwendig ist, lebteres auf ersteres 
umzurechnen. Hierbei wird ein ein für allemal 
bestimmtes Ausbeuteverhältnis (das gesetzliche) 
zugrunde gelegt. Hierin liegt ein bedeutender 
Anreiz zur möglichsten Ausnützung des Roh- 
materials, die die Industrie ohnehin schon 
anstrebt. Denn es ist einleuchtend, daß, je 
höher die tatsächlich erzielte Ausbeute sich über 
das gesetzliche Ausbeuteverhältnis erhebt, in um 
so höherem Maße eine Ubervergütung an Steuer 
eintritt. Der Ausführende erhält, wie man sich 
ausdrückt, in der Steuervergütung eine (ver- 
steckte. oder indirekte) Ausfuhr- 
prämie. In der Tat nahm die erst im An- 
fange des vorigen Jahrhunderts entstandene 
Rübenzuckerindustrie unter der Einwirkung des 
 
	        
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